Direkt zum Inhalt
Bild
Frau sitzt neben Umzugskartons am Fenster einer Stadtwohnung
Recht & Steuern
Mietrecht

Eigenbedarf: Gilt der Wunsch nach Selbstnutzung des Vermieters?

Die Eigenbedarfskündigung ist eines der meistdiskutierten Themen im Mietrecht und sorgt regelmäßig für Unsicherheit bei Vermietern und Mietern. Mit Urteil vom 24.09.2025 (VIII ZR 289/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut klargestellt, welche Anforderungen an den Eigenbedarf zu stellen sind und wie weit das Selbstnutzungsinteresse des Vermieters reicht. Die Entscheidung bietet wichtige Orientierung für die Praxis und stärkt die Rechte der Vermieter.


Im entschiedenen Fall wollte ein Vermieter seine bisher selbst bewohnte Wohnung umbauen und anschließend verkaufen. Um während der Bauarbeiten und auch dauerhaft eine Wohnung zu haben, kündigte er der Mieterin in der darunterliegenden Wohnung wegen Eigenbedarfs. Die Mieterin hielt die Kündigung für unzulässig, weil der Vermieter den Eigenbedarf „selbst geschaffen“ habe und es ihm nur um den Verkauf gehe.


Das Amtsgericht gab dem Vermieter recht, das Landgericht sah dagegen einen Missbrauch und wies die Klage ab. Der BGH hob dieses Urteil auf und stellte klar:
Der Wunsch des Vermieters, eine vermietete Wohnung künftig selbst zu nutzen, ist grundsätzlich zu respektieren. Es kommt nicht darauf an, ob sich die Wohnverhältnisse des Vermieters durch den Umzug wesentlich ändern oder ob der Eigenbedarf durch Umbau- oder Verkaufspläne „selbst verursacht“ wurde. Entscheidend ist allein, dass der Nutzungswunsch ernsthaft und nachvollziehbar ist. Der Vermieter muss seinen Wunsch nicht besonders begründen oder rechtfertigen – er muss lediglich plausibel sein.


Gerichte dürfen nicht ihre eigenen Vorstellungen von „angemessenem Wohnen“ an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters setzen. Auch wenn der Vermieter durch geplante Maßnahmen wie Umbau oder Verkauf den Eigenbedarf erst herbeiführt, bleibt sein Selbstnutzungsinteresse schutzwürdig.
Eine Verwertungskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) lag im konkreten Fall nicht vor, da der Vermieter nicht die vermietete, sondern seine eigene Wohnung verwerten wollte.


Das Urteil stärkt die Position der Vermieter: Wer nachvollziehbar und ernsthaft den Wunsch hat, eine vermietete Wohnung künftig selbst zu nutzen, kann Eigenbedarf geltend machen – auch wenn dieser Wunsch durch eigene Planungen ausgelöst wurde. Für Mieter bedeutet das: Die Hürden für eine erfolgreiche Abwehr der Eigenbedarfskündigung bleiben hoch. Entscheidend bleiben stets die Plausibilität und Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches.

ckb
Claudia Knöppel, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.

 

 

Verwandte Blogartikel

Mitbewohnerin zieht mit Umzugskartons in Wohnung ein
Recht & Steuern
Mietrecht

Eine Gebrauchsüberlassung liegt immer dann vor, wenn ein Dritter aufgrund einer Vereinbarung mit dem Mieter ein selbstständiges Besitzrecht an der...

Frau sitzt neben Umzugskartons am Fenster einer Stadtwohnung
Recht & Steuern
Mietrecht

Laut Gesetz kann der Vermieter seinem Mieter nur dann kündigen, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses...

Grundstücke mit Einfamilienhäusern aus der Vogelperspektive
Recht & Steuern

Erste Haus und Grund-Musterklage erfolgreich vor dem Bundesfinanzhof. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren die...

Haus mit Baugerüst
Recht & Steuern
Wohnungseigentumsrecht

In Eigentümergemeinschaften stellt sich häufig die Frage, was unter dem Begriff der Instandhaltung oder Instandsetzung von beispielsweise zum...

Mehrfamilienhaus mit großem Garten
Recht & Steuern
Mietrecht

Der Vermieter kann einen unbefristeten Mietvertrag nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses ordnungsgemäß kündigen. Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3...

Mehrfamilienhaus
Recht & Steuern
Mietrecht

Möchte der Vermieter im laufenden Mietverhältnis die Miete erhöhen, kann er – wenn Mieter und Vermieter nicht etwas anderes vereinbart haben – die...

Dachsanierung
Recht & Steuern
Bauen & Wohnen

Wer als Teil einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) Umbauten vornehmen möchte, muss sich an bestimmte Regeln und Verfahren halten. Diese...

Junge mit seinen Eltern
Recht & Steuern

Können Eltern ihre Kinder vertreten, oder bedarf es zusätzlich eines Ergänzungspflegers?

Mehrfamilienhäuser in Frankfurt am Main
Recht & Steuern
Mietrecht

Gem. § 558 BGB kann der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung erst dann verlangen, wenn er – neben der Begründung zur...

Ungleich verteilte Geldmünzen in Holzschalen
Recht & Steuern
Wohnungseigentumsrecht

Kein Bestandschutz für „unfaire“ Verteilungsschlüssel: Die Verteilung der Kosten für die Erhaltung von Gemeinschaftseigentum ist innerhalb von...

Leiter mit Farbeimer in einem Badezimmer
Recht & Steuern
Mietrecht

In der Vergangenheit enthielten die meisten Mietvertragsformulare sogenannte Quotenabgeltungsklauseln. Mit diesen sollte geregelt werden, dass sich...

Baukran vor blauem Himmel
Recht & Steuern

Am 22. März 2024 hat der Bundesrat den Weg für eine befristete Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten auf Gebäude freigemacht. Das...

Umzugskartons in leerer Wohnung
Recht & Steuern
Mietrecht

Weil der Mieter nachweislich keine andere Wohnung finden kann, darf er das Mietverhältnis für weitere zwei Jahre fortsetzen, obwohl die Vermieterin...

Doppelhaus mit Garten
Recht & Steuern
Wohnungseigentumsrecht

Anders als vor der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 kann jetzt nur noch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE)...

Einfamilienhaus
Recht & Steuern
Erbrecht

Immer wieder werden Immobilien unter der Auflage verschenkt, dass diese entweder zu Lebzeiten oder im Falle des Todes ausschließlich an die leiblichen...

 

Jetzt Haus & Grund-Mitglied werden

Sie suchen Rat zu Fragen rund um Ihre Immobilie? Wir sind für Sie da – ganz in Ihrer Nähe. Wir setzen uns engagiert, kompetent und individuell für das private Eigentum unserer Mitglieder ein.