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Kostenverteilung in der GdWE: Mehrheitsbeschlüsse mit Grenzen

Mit den aktuellen Entscheidungen V ZR 236/23 und V ZR 128/23 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Reichweite von Mehrheitsbeschlüssen in Gemeinschaften der Wohnungseigentümer (GdWE) weiter präzisiert. Eine Änderung der Kostenverteilung ist grundsätzlich möglich, doch setzt der BGH klare Grenzen: Eine erstmalige Belastung einzelner Wohnungseigentümer bleibt nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Die Urteile konkretisieren die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) und knüpfen unmittelbar an frühere Entscheidungen an (V ZR 81/23).

 

Seit der WEG-Novelle im Jahr 2020 ist die Frage, inwieweit die GdWE die Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss bei bestehenden Vereinbarungen ändern kann, immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Mit den beiden jüngsten Urteilen hat der BGH nunmehr klargestellt, unter welchen Voraussetzungen ein von einer bestehenden Vereinbarung abweichender Kostenverteilungsbeschluss zulässig ist und wo die Grenzen liegen. In der Entscheidung V ZR 236/23 stellte das Gericht fest, dass eine erstmalige Kostenbelastung von bisher befreiten Wohnungseigentümern nur dann zulässig ist, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Der Fall wurde zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen. In V ZR 128/23 entschieden die Richter hingegen zugunsten der GdWE und bestätigten, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels zulässig ist, sofern die bisherige Regelung sachlich nicht gerechtfertigt war. Beide Urteile liegen auf der Linie früherer Entscheidungen wie etwa mit dem BGH-Urteil vom 22. März 2024 (V ZR 81/23).

 

Kostentrennung bleibt verbindlich
Im ersten Fall hatte eine Wohnungseigentümerin gegen die Umlage von Sanierungskosten für eine von ihr nicht genutzte Tiefgarage geklagt. Die GdWE wollte die Kosten auf alle Wohnungseigentümer umlegen, obwohl die Teilungserklärung eine objektbezogene Kostenverteilung vorsah. Der BGH entschied, dass eine solche Regelung nicht durch Mehrheitsbeschluss aufgehoben werden kann, es sei denn, es gibt einen sachlichen Grund für die Neuverteilung.

 

Änderung des Verteilungsschlüssels zulässig
Im zweiten Fall hatten Gewerbeeinheiten gegen eine Änderung des Verteilungsschlüssels geklagt. Die GdWE hatte beschlossen, die Betriebskosten und die Beiträge zur Erhaltungsrücklage nicht mehr nach Miteigentumsanteilen, sondern nach der beheizbaren Wohnfläche zu verteilen. Der BGH erklärte diese Änderung für zulässig, da es für die bisherige Regelung keine sachliche Rechtfertigung gab.

Die Richter entschieden auch, dass § 16 Absatz 2 Satz 2 WEG die Kompetenz der GdWE umfasst, den Verteilungsschlüssel für die Erhaltungsrücklage durch Mehrheitsbeschluss zu ändern. Diese Auslegung war bisher kontrovers diskutiert worden. Der BGH stellt nun aber klar, dass auch Rücklagenzahlungen als Kosten der GdWE anzusehen sind.

 

Rechtsprechungskontinuität und Flexibilität mit klaren Regeln
Die aktuellen BGH-Urteile knüpfen an die WEG-Reform 2020 an, die Mehrheitsbeschlüsse zur Kostenverteilung erleichtern sollte. Während früher Einstimmigkeit erforderlich war, erlaubt § 16 Absatz 2 Satz 2 WEG nun flexiblere Anpassungen – allerdings nicht grenzenlos. Die richterlichen Entscheidungen stellen klar, dass eine Änderung der Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss grundsätzlich zulässig ist, jedoch bei einer erstmaligen Kostenbelastung bisher befreiter Wohnungseigentümer nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes erfolgen darf. Diese Urteile verdeutlichen den mit der Reform angestrebten größeren Gestaltungsspielraum für GdWE, setzen aber auch klare Grenzen gegen willkürliche oder ungerechtfertigte Mehrbelastungen einzelner Wohnungseigentümer. Für die Wohnungseigentümer bedeutet dies mehr Rechtssicherheit, aber auch die Notwendigkeit, Änderungen der Kostenverteilung genau zu prüfen, um Streitigkeiten zu vermeiden und entsprechende Beschlüsse gegebenenfalls rechtzeitig anzufechten.

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