
Wärmeplanung
Berlin, Juni 2023
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze der Bundesregierung vom 21. Juli 2023

Zusammenfassung
Kommunale Wärmepläne und die Pläne zur Transformation von Gas- und Stromnetzen sind der richtige Weg
hin zur Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung der Gebäude. Denn Haus- und
Wohnungseigentümer müssen für ihre eigene Investitionsentscheidung wissen, ob ihr Gebäude zukünftig
besser zentral über ein Wärmenetz oder dezentral über eine eigene Anlage mit grünem Gas oder Wasserstoff,
mit Wärmepumpe oder einem Biomassekessel oder anderweitig klimaneutral beheizt werden kann. Haus &
Grund begrüßt daher, dass mit dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) eine flächendeckende Wärmeplanung,
nunmehr auch für kleinere Gemeinden bis 10.000 Einwohner, eingeführt wird. Für die Akzeptanz der
Wärmepläne ist entscheidend, wie es den Ländern und Kommunen gelingt, gemeinsam mit allen relevanten
Akteuren vor Ort die beste Lösung für die Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2045 zu
finden.
Der vorliegende Gesetzentwurf zur Wärmeplanung wird allerdings zum Bürokratiemonster, wenn alle
Gebäude mitsamt Heiztechnik und Verbräuchen in einem Bestandskataster erfasst werden sollen. Für die
technologieoffene Umsetzung der Wärmewende in Wohngebäuden ist das nicht nötig. Schon heute ist es
möglich, anhand der bekannten Daten zu den Wohngebäuden wie Baujahr, Wohn- und Nutzfläche hinlänglich
genaue Angaben zum Energieverbrauch zu treffen und auf Basis vorliegender Bebauungspläne eine in die
Zukunft gerichtete Wärmeplanung zu erstellen. Insofern plädiert Haus & Grund dafür, die Regelungen zur
Datenerhebung und zu den Informationspflichten mit Blick auf die knappen Kapazitäten an qualifiziertem
Personal in den Planungsämtern der Städte und Gemeinden auf das notwendige Maß zu beschränken.
Damit die Wärmepläne am Ende nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern tatsächlich umgesetzt werden
können, müssen die Maßnahmen und Fristen des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) mit denen der geplanten
Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) abgestimmt werden. Mit dem vorliegenden Entwurf zum WPG
ist dies nur zum Teil gelungen. Um die Optionen nach dem letzten Stand des GEG-Entwurfs
(Änderungsantrag der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vom 4. Juli 2023) tatsächlich
nutzen zu können, reicht nicht allein die Vorlage einer Wärmeplanung aus. Diese muss auch umgesetzt
werden. Haus & Grund fordert daher, dass neue Anforderungen im Gebäudeenergiegesetz an Einbau und
Umrüstung von Heizungen nur in Kommunen Anwendung finden dürfen, in denen eine kommunale Wärmeund
Energieplanung vorliegt und verbindlich umgesetzt wird, sodass eine hinreichende Sicherheit für die
Investitionsentscheidungen der Eigentümer, aber auch für die Wärme-, Gas- und Stromverteilnetzbetreiber
besteht.
Entscheidend für den Erfolg der Wärmewende ist schließlich, dass der Um- und Ausbau der Fernwärme auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung sowie der Neubau klimaneutraler Wärmenetze kosteneffizient erfolgt. Damit Eigentümer diese Option der Wärmeversorgung nutzen und die Zahl der angeschlossenen Gebäude deutlich steigt, müssen gleichzeitig die Verbraucherrechte von Fernwärmekunden gestärkt werden. Vor allem sind die Preise für die Verbraucher transparent und fair zu gestalten. Ein Anschluss- und Benutzungszwang darf nicht eingeführt werden und bestehende Satzungen, die diesen vorschreiben, müssen abgeschafft werden. Wärmenetze sollen durch die angebotenen Preise und Leistungen überzeugen und sich nicht auf einen behördlichen Zwang berufen können.
Zu den Regelungen im Einzelnen:
1. Pflichten nach dem GEG dürfen erst nach Umsetzung der Wärmepläne greifen
Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung sollen Eignungsgebiete für Wärmenetze mit hinreichender Genauigkeit abgegrenzt und eine Umsetzungsstrategie bis 2045 entwickelt werden. Gleiches gilt für Wasserstoffnetzgebiete. Aber weder eine vorliegende Wärmeplanung noch die Entscheidung über die Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet gemäß § 26 WPG-E ermöglichen dem Gebäudeeigentümer, den Anschluss an ein Wärme- oder Wasserstoffnetz gemäß § 71 Absatz 3 Nr. 1 und 5 GEG-E zu wählen. Dafür müssen weitere Voraussetzungen seitens des Wärme- oder Gasnetzbetreibers gemäß § 71j GEG-E im Falle des Wärmenetzes und nach § 71k GEG-E im Falle von Wasserstoff erfüllt werden, die im WPG nicht enthalten sind, Deshalb müssen bis zum tatsächlich möglichen Anschluss an ein geplantes Wärme- oder Wasserstoffnetz im GEG Übergangslösungen bei der Wärmeversorgung der Gebäude erlaubt und Ausnahmen von den gesetzlichen Vorgaben zum Mindestanteil erneuerbarer Energien ermöglicht werden.
Des Weiteren wurden die Fristen des vorliegenden Entwurfs zum WPG zwar weitestgehend mit denen des aktuellen GEG-Entwurfs abgestimmt. Nach § 5 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 WPG-E sind allerdings Ausnahmen für Gebiete mit bestehendem Wärmeplan auf Basis von Landesrecht vorgesehen, für die erst zwölf Monate nach Ablauf der in § 4 Absatz 2 WPG-E genannten Fristen und damit auch nach den Fristen gemäß § 71 Absatz 8 GEG-E ein Wärmeplan erstellt und veröffentlicht wird.
Haus & Grund fordert, dass neue Anforderungen an den Heizungstausch nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) generell erst nach Umsetzung der Wärmepläne greifen dürfen. Die betreffenden Regelungen im GEG sind vollständig mit denen des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) abzustimmen. Gleichzeitig muss die Nutzung aller infrage kommenden Technologien ohne diskriminierende Anforderungen möglich bleiben, um die Optionen zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor bis 2045 nicht einzuschränken. Darüber hinaus sollen Stromnetzbetreiber nach dem WPG verpflichtet werden, den uneingeschränkten Anschluss von Wärmepumpen an das Stromverteilnetz sicherzustellen.
2. Fernwärme verbraucherfreundlich gestalten, keine Anschlusspflicht
Entscheidend für die Akzeptanz der Fernwärme und der Nutzung von Wärmenetzen ist, dass die Preise für die Verbraucher transparent und fair gestaltet werden. Bestehende Satzungen, die einen Anschluss- und Benutzungszwang vorschreiben, sollen abgeschafft werden. Keinesfalls dürfen die Wärmepläne zur Einführung neuer Anschluss- und Benutzungszwänge führen. Wärmenetze sollen durch die angebotenen Preise und Leistungen überzeugen und sich nicht auf einen behördlichen Zwang berufen können.
Haus & Grund lehnt generell einen Anschluss- und Benutzungszwang an ein Netz der öffentlichen Fernwärmeversorgung ab. Hierdurch werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Technologieoffenheit verletzt. Die in § 109 GEG verankerte Länderöffnungsklausel ist daher abzuschaffen.
3. Bürgerinnen und Bürger in die Wärmplanung einbeziehen
Haus & Grund begrüßt, dass mit der Durchführung der flächendeckenden Wärmeplanung auch die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen vor Ort in den Planungs- und Strategieprozess einbezogen werden sollen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die neu geplanten erneuerbaren Wärme-, Gas- und Stromverteilnetze oder die Transformation der vorhandenen Netze erfolgreich umgesetzt werden und zu einer kostengünstigen Wärmeversorgung der angeschlossenen Gebäude beitragen können. Allerdings sollten die Fristen zur Beteiligung der Öffentlichkeit ausreichend lang bemessen werden.
Haus & Grund fordert daher, in § 13 Absatz 4 Satz 3 die Frist für die Einsichtnahme auf mindestens zwei Monate anzuheben zzgl. einem weiteren Monat für die Abgabe der Stellungnahme.
4. Bestandsanalyse: Datenerhebung auf das notwendige Maß begrenzen
Mit Blick auf die Fristen zur Vorlage von Wärmeplänen (Großstädte ab 100.000 Einwohner bis Mitte 2026, kleinere Städte und Landkreise mit 100.000 Einwohner und weniger bis Mitte 2028) und die fehlenden Planungskapazitäten in den Kommunen sollten für die Bestandsanalyse nur die tatsächlich für eine Wärmeplanung nötigen Daten erhoben werden. Dazu ist es nicht erforderlich gebäude- oder adressbezogene Daten zu erfassen, wie jeder einzelne Eigentümer sein Wohngebäude beheizt. Heizungsart, Endenergieverbrauch der letzten drei Jahre oder Dämmstandards eines Gebäudes – all diese Angaben können sich jederzeit bis zur konkreten Umsetzung ändern, sobald Eigentümer energetische Maßnahmen an ihren Gebäuden oder Heizungsanlagen vornehmen. Außerdem können im beplanten Gebiet Neubauten errichtet und alte Gebäude abgerissen werden. Daher ist auch die Auswertung von Energieausweisen oder Feuerstättenbescheiden der Bezirksschornsteinfeger nicht zielführend. Erst zum Zeitpunkt der konkreten Planung und Umsetzung eines Wärmenetzes werden die aktuellen Angaben zum Brennstoffverbrauch eines anzuschließenden Gebäudes relevant. Bis dahin liefern die bereits heute schon bekannten Daten zu den Wohngebäuden wie Baujahr, Wohn- und Nutzfläche hinlänglich genaue Angaben zum Energieverbrauch, mit denen anhand der vorliegenden Bebauungspläne eine in die Zukunft gerichtete Wärmeplanung erstellt werden kann.
Haus & Grund fordert, die Regelungen zur Datenerhebung und-verarbeitung sowie zur Bestandsanalyse nach §§ 10 und 15 in Verbindung mit Anlage 1 WPG-E auf das notwendige Maß zu beschränken und auf die Erstellung eines Bestandskatasters zu verzichten. Insbesondere sind die in § 10 Absatz 2 und Anlage 1 Nummern 1, 2 und 5b WPG-E genannten Informationen und Daten zu bestehenden Heizungsanlage für die Wärmplanung unerheblich, da sich die Angaben bis zum Abschluss der Wärmeplanung ändern können. Gerade durch die in Aussicht stehende staatliche Förderung und Energiepreissteigerungen werden viele Eigentümer in den kommenden Jahren in erneuerbare Heizungen und Effizienzmaßnahmen an ihren Gebäuden investieren.
5. Zwischenziele für die Umstellung der Wärmenetze auf erneuerbare Energien aufheben
Haus & Grund sieht die geplanten Zwischenziele als hinderlich für die Erreichung der Klimaneutralität in Wärmenetzen bis 2045 an. Bestehende Wärmenetze sollen nach § 29 Absatz 1 WPG-E bis 2030 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 80 Prozent Wärme aus erneuerbaren Quellen oder unvermeidbarer Abwärme liefern, neue Wärmenetze sollen gemäß § 30 Absatz 1 WPG-E bereits 2024 zu einem Anteil von 65 Prozent erneuerbare Energie/Abwärme nutzen. Diese Ziele zwingen die Netzbetreiber in teure Zwischenlösungen zu investieren und konterkarieren damit eigene Investitions- und Wirtschaftspläne der Unternehmen. Letztendlich führen diese Zwischenziele zu Preissteigerungen bei der Wärmeversorgung der Haushalte.
Haus & Grund fordert daher, die Zwischenziele und -fristen gemäß §§ 29 und 30 lediglich als Orientierungsrahmen zu sehen. Maßgebend für die Entscheidung der Unternehmen soll das Klimaziel bis 2045 gemäß § 31 WPG-E sowie der CO2-Emissionshandel und damit die Sicherstellung einer kosteneffizienten Wärmversorgung der Haushalte sein.
6. Kommunen nicht überlasten (Änderungen im BauGB)
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Umsetzung klimapolitischer Ziele und Maßnahmen im Rahmen der Bauleitplanung erfolgen und damit die zu erfüllenden Aufgaben der Planungsverwaltung erweitert werden. Damit reiht sich der Gesetzentwurf in eine Vielzahl von gesetzgeberischen Vorhaben ein, die letztlich in der städtebaulichen Planung der Kommunen umgesetzt werden müssen. Haus & Grund sieht ein erhebliches Überforderungspotenzial für die Städte und Gemeinden in der praktischen Umsetzung all dieser Aufgaben, da den kommunalen Bau- und Planungsämtern dafür qualifiziertes Personal nicht ausreichend zur Verfügung steht. Daher müssen die anstehenden Aufgaben mit einer entsprechenden Personal- und Finanzausstattung für die Kommunen versehen werden und eine angemessene Priorisierung der unterschiedlichen planerischen Anforderungen erfolgen.