
Verlängerung der Mietpreisbremse
Berlin, Juni 2025
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und den Anträgen „Faire-Mieten-Gesetz“ und „Mietpreisbremse verschärfen – Mieten stoppen“

I. Allgemein
Der vorliegende Entwurf zur Verlängerung und Modifikation der „Mietpreisbremse“ sowie die Anträge „Faire-Mieten-Gesetz“ und „Mietpreisbremse verschärfen – Mieten stoppen“ setzen weiterhin auf regulierende Preisobergrenzen, statt den Ursachen der Wohnraumknappheit systematisch zu begegnen. Haus & Grund Deutschland lehnt eine Verschärfung der Mietpreisregulierung in mehrfacher Hinsicht ab:
- Erstens erwiesen sich Mietpreisregulierungen in empirischen Studien als weitgehend wirkungslos
- zweitens überfordert die Anknüpfung an die ortsübliche Vergleichsmiete die privaten Vermieter und belastet sie dadurch überproportional
- drittens widersprechen sie verfassungsrechtlichen Vorgaben.
- viertens verschärfen sie in der Summe Marktverzerrungen und verhindern private Investitionen in Neubau und Modernisierung
- fünftens steht die geplante Verlängerung im Widerspruch zu europarechtlichen Empfehlungen und wirtschaftspolitischen Leitlinien der EU. Im letzten „Country Report Germany 2025“ warnt die Kommission Deutschland ausdrücklich vor regulatorischen Eingriffen in den Mietmarkt mit Mietobergrenzen
Seit ihrer Einführung wurde die Mietpreisbremse regelmäßig wissenschaftlich evaluiert und ebenso regelmäßig als wirkungslos eingestuft. Schon kurz nach Einführung der Mietpreisbremse stellte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fest, dass die Mietpreisbremse ihre Zielsetzung verfehlt. Die Wirkungslosigkeit wurde zuletzt im Jahresgutachten 2024/25 erneut vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bestätigt. Ein Instrument, das seit Jahren nachweislich nicht funktioniert und mit unserer Verfassung nur schwer vereinbar ist, nun verschärfen zu wollen, widerspricht allen ökonomischen und politischen Vernunftkriterien.
Mithin begrüßt Haus & Grund Deutschland, dass der Regierungsentwurf am bisherigen Stichtag für die Neubauausnahme von der Mietpreisbremse festhält und auf eine Neudefinition verzichtet. Bereits die öffentliche Debatte darüber führt erfahrungsgemäß zu Investitionszurückhaltung. Darauf hat auch der Sachverständigenrat hingewiesen: Härtere regulatorische Eingriffe bergen die Gefahr erheblicher negativer Effekte auf den Wohnungsbau. Planungssicherheit ist entscheidend, um weiteres Wohnraumangebot zu
schaffen. Daher sollten sowohl die Stichtagsregelung (erstmalige Vermietung nach dem 1. Oktober 2014) als auch die bestehenden Ausnahmeregelungen unverändert bleiben.
II. Zur Wirksamkeit und zu den unbeabsichtigten Folgen der Mietpreisbremse
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Jahresgutachten 2024/25dargelegt: Die Mietpreisbremse ist kein geeignetes Mittel, um das Ziel einer sozialen Wohnraumversorgung für alle Einkommensgruppen in Ballungsräumen zu erreichen. Im Gegenteil: Das verfügbare Angebot hat sich in beliebten Städten und begehrten Stadtteillagen weiter verknappt, sodass insbesondere Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen noch schwerer Zugang zu adäquatem Wohnraum finden. Dies hat folgende Ursachen:
- Selektionsmechanismen und verzerrte Vergabestrukturen durch Preisdeckelung: Gedeckelte Mieten führen zu Selektionsmechanismen, bei denen Bonität und persönliche Kontakte den Ausschlag geben. Dadurch entsteht eine strukturelle Benachteiligung einkommensschwächerer Haushalte, während einkommensstarke Haushalte trotz hoher Nachfrage bevorzugt Zugang zu Wohnraum erhalten.
- Politische Fehlanreize durch falsche Versprechungen: Die Mietpreisregulierung suggeriert, dass günstiger Wohnraum überall, also auch in hochattraktiven Lagen, für alle verfügbar gemacht werden könne. Diese Erwartung resultiert jedoch in einer zusätzlichen Nachfrage in ohnehin überhitzten Märkten, ohne dass das Angebot erweitert wird.
- Lock-in-Effekte bei Bestandsmietern mit niedrigen Mieten: Viele Mieter erkennen zunehmend den Wert einer günstig angemieteten Wohnung und behalten diese auch nach einem Umzug, indem sie sie untervermieten und das häufig zu deutlich höheren Preisen. In der Folge hat sich über die Jahre ein beachtlicher und weitgehend intransparenter Markt für Untermietwohnungen
Die Investitionsbereitschaft privater Vermieter ist rückläufig. Als Ursachen hierfür sind regulatorische Eingriffe, wachsende rechtliche Unsicherheiten und zunehmende bürokratische Hürden zu nennen. Die Instandhaltung, Modernisierung und Schaffung von Wohnraum erfahren somit eine zunehmende Vernachlässigung.
Ohne ausreichende Investitionsanreize jedoch droht der Mietwohnungsmarkt in weiten Teilen zu erodieren. Dann gäbe es nichts mehr zu regulieren, weil der Markt schlichtweg nicht mehr existiert.
Auch auf europäischer Ebene wird diese Problematik erkannt und adressiert. So stellt die Europäische Kommission im „Country Report Germany 2025“ unmissverständlich fest, dass regulatorische Maßnahmen wie Mietpreisdeckel und Obergrenzen für Mietsteigerungen nicht geeignet sind, den Wohnraummangel zu beheben. Vielmehr wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass solche Eingriffe die Investitionsanreize schwächen und die effiziente Nutzung des vorhandenen Wohnungsbestands beeinträchtigen. Eine weitere Verlängerung der Mietpreisbremse widerspricht daher nicht nur den nationalen wohnungsbaupolitischen Zielen, sondern steht im klaren Widerspruch zu den europarechtlichen Empfehlungen und den wirtschaftspolitischen Leitlinien der Europäischen Union.
Die bestehenden mietrechtlichen Preisregulierungen führen zu einer Angebotsverknappung, Marktverzerrungen und einem Rückgang dringend notwendiger Investitionen. Eine Fortsetzung oder gar Ausweitung der bestehenden mietrechtlichen Regulatoren wäre ein falsches Signal gegenüber Vermietern, Investoren und letztlich auch gegenüber den Mietern selbst.
III. Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 - Verfassungsrechtliche und wirtschaftliche Bedenken
Haus & Grund Deutschland lehnt die Verlängerung der Mietpreisbremse ab. Ohne Gewissheit, dass die Miete künftige Sanierungskosten refinanziert, werden notwendige Investitionen unterlassen, was langfristig zu Instandhaltungsrückständen und sinkender Wohnqualität führt. Die
Abschaffung der Fünf-Jahres-Befristung der landesrechtlichen Ermächtigungsverordnungen widerspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, welches in seinem Beschluss vom 18. Juli 2019 (1 BvL 1/18) klargestellt hat, dass die Mietpreisbremse nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn die gesetzliche Ausgestaltung den verfassungsrechtlichen Maßstäben der zeitlichen Befristung, der Wirksamkeit des Instruments sowie der wirtschaftlichen Zumutbarkeit genügt.
a) Eigentumsgarantie und Zumutbarkeit: Das Bundesverfassungsgericht betonte, dass die Zumutbarkeit nicht erst dann überschritten ist, wenn eine „Substanzgefahr der Mietsache“ oder ein „dauerhafter Verlust für den Vermieter“ eintritt. Da die Mietpreisbremse unterschiedslos auch für private Kleinvermieter gilt, ist bei der Zumutbarkeitsabwägung besonders zu berücksichtigen, dass private Kleinvermieter durch Art. 14 Abs. 1 GG einen spezifischen grundrechtlichen Schutz genießen. Denn das Eigentumsgrundrecht schützt nicht nur das Eigentum selbst, sondern auch die persönliche Freiheit, durch die Vermietung von Wohnraum den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten und die private Altersvorsorge zu sichern.
b) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verlängerung der Mietpreisbremse um weitere vier Jahre: Die vom Gesetzgeber ursprünglich eingeführte Befristung der Mietpreisbremse war zentraler Bestandteil ihrer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Eine erneute Verlängerung um vier Jahre führt faktisch zu einer Entfristung und damit in einen Zustand, mit der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar ist. Zugleich verzerrt die Verlängerung weiter die ortsübliche Vergleichsmiete, da regulierte Mieten zunehmend die Berechnungsgrundlage dominieren. Die Vergleichsmiete entkoppelt sich damit vollständig vom realen Marktgeschehen und führt zu einem Zustand, der rechtlich und ökonomisch nicht länger tragfähig ist.
c) Fehlende Begründungs- und Planungspflicht der Länder bei Wegfall der Fünfjahresfrist: Die Länder werden durch die derzeitige Regelung dazu verpflichtet, ihre landesrechtliche Ermächtigungsverordnung sachlich zu begründen, regelmäßig zu evaluieren und zeitlich auf fünf Jahre zu begrenzen. Die geplante Abschaffung dieser Befristung ist verfassungsrechtlich unzulässig. Sie würde es den Ländern ermöglichen, Preisbegrenzungen dauerhaft fortzuführen, ohne dass hierfür eine erneute Tatsachengrundlage erforderlich wäre und ohne dass konkrete wohnungspolitische Maßnahmen ergriffen werden müssten. Diese Vorgehensweise verletzt die verfassungsrechtlichen Anforderungen an zeitlich begrenzte Eigentumseingriffe. Eine Verlängerung der betreffenden Regelung muss zwingend an eine regelmäßige, nachvollziehbare Analyse der lokalen Wohnraumsituation auf Basis einer nachvollziehbaren Bevölkerungsprognose geknüpft sein. Weiter bedarf es einer konkreten Darlegung, welche Maßnahmen zur Behebung des angespannten Wohnungsmarkts tatsächlich ergriffen wurden oder geplant sind, etwa durch kommunale oder landesweite Neubauprogramme, beschleunigte Baugenehmigungsverfahren, die Ausweisung zusätzlichen Baulands oder gezielte Investitionsanreize. Zudem müssen die Bauordnungen so ausgestaltet werden, dass kostengünstiges Wohnen tatsächlich möglich wird. Die Implementierung umfangreicher DIN-Normen als "Stand der Technik" führt zu signifikant erhöhten Bau- und Modernisierungskosten. In Anbetracht der gleichzeitig limitierten Mietpreise besteht jedoch keine Möglichkeit zur Refinanzierung. Statt Vermieter weiter zu belasten, sollten auch die Länder in die Pflicht genommen werden, Investitionen aktiv zu erleichtern. Wer Wohnraummärkte als angespannt einstuft, muss auch selbst für kostensenkende Rahmenbedingungen sorgen.
d) Systematische Entkopplung der ortsüblichen Vergleichsmiete: Die ortsübliche Vergleichsmiete verliert zunehmend ihren Realitätsbezug, da bereits jetzt regulierte Vertragsverhältnisse dominieren. Bereits bei Einführung der Mietpreisbremse durften bestehende, über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Mieten fortgelten, wurden aber zugleich mangels Erhöhungsmöglichkeiten eingefroren. In einigen Mietverhältnissen ist trotz gestiegener Kosten nun seit fast zehn Jahren keine Erhöhung mehr möglich. Die eingeräumten Ausnahmen, insbesondere zu Bestandsmieten, Indexmieten und Modernisierungserhöhungen waren verfassungsrechtlich entscheidend, haben durch Zeitablauf und politische Einschränkungen jedoch zunehmend ihre Schutzwirkung verloren. Werden diese Ausnahmen nun schrittweise weiter eingeschränkt oder entwertet, gerät das gesamte Gefüge aus dem Gleichgewicht. Die ortsübliche Vergleichsmiete verkommt zu einem normativen Konstrukt ohne Marktbezug – mit erheblichen Folgen für Investitionen, Mietpreisbildung und Eigentumsschutz.
e) Insider-Outsider-Effekt untergräbt das Gleichheitsgebot: Die erneute Verlängerung der Mietpreisbremse zementiert bestehende Mietverhältnisse und Leerstände, während Wohnungssuchende, insbesondere junge Menschen, Haushalte mit niedrigem Einkommen oder ohne soziales Netzwerk der Zugang zum Mietwohnungsmarkt erschwert wird. Bereits heute werden laut IW Köln über 70 % der Mietverträge in angespannten Märkten außerhalb frei zugänglicher Plattformen vergeben. Der Zugang zum Wohnungsmarkt hängt damit nicht mehr primär von Bedürftigkeit oder Dringlichkeit, sondern von bestehenden Kontakten und sozialer Position ab. Die Mietpreisbremse verfehlt somit nicht nur ihr soziales Ziel, sondern führt zu einer strukturellen Benachteiligung ganzer Bevölkerungsgruppen.
IV. Zu den Anträgen der Bündnis 90/Die Grünen (Entwurf eines Faire-Mieten-Gesetzes (BT-Drs. 21/222)) und Die LINKE (Mietpreisbremse verschärfen – Mieten stoppen (BT-Drs. 21/355))
Die vorliegenden Gesetzesentwürfe verfehlen grundlegende verfassungsrechtliche, marktrelevante und praxisorientierte Anforderungen.
a) Mietpreisbremse Ausnahme für Neubauwohnungen: Haus & Grund lehnt die im Antrag „Mietpreisbremse verschärfen – Mieten stoppen“ (BT-Drs. 21/355) vorgesehene dynamische Ausweitung der Mietpreisbremse auf Neubauten entschieden ab. Vorgesehen ist, dass künftig alle Wohnungen, die in den jeweils letzten fünf Jahren errichtet wurden, in den Anwendungsbereich der Mietpreisbremse fallen. Damit würden Neubauten, die bei Projektbeginn von der geltenden Neubau-Ausnahme ausgingen, plötzlich nachträglich reguliert werden.
Ein solcher dynamischer Eingriff würde das notwendige Vertrauen von Investoren und Bauträgern in planbare und verlässliche Rahmenbedingungen untergraben. Projekte, die seit 2019 und auch künftig auf Basis der geltenden Rechtslage finanziert und kalkuliert werden, wären betroffen. Die Mietpreisbremse zerstört die Renditeerwartungen. Würde künftig durch eine laufend verschärfte Anwendung auch der Neubau erfasst, entfiele ein entscheidender Anreiz für die Schaffung neuen Wohnraums in angespannten Märkten.
Darüber hinaus ist zu erwarten, dass auch in Märkten, die bislang nicht unter die Mietpreisbremse fallen, die Investitionsbereitschaft deutlich zurückgehen wird. Denn die Entwicklung eines lokalen Wohnungsmarktes und die Entscheidung über eine künftige Gebietsfestsetzung durch Landesverordnung sind angesichts der langen Refinanzierungszeiträume für Bauprojekte für Investoren kaum kalkulierbar. Diese Unsicherheit wird dazu führen, dass viele Neubauprojekte gar nicht erst angestoßen werden.
Dies steht in direktem Widerspruch zum erklärten Ziel, das Wohnungsangebot zu erhöhen Der Antrag läuft damit nicht nur den wohnungspolitischen Zielen des Koalitionsvertrags zuwider – welcher ausdrücklich „verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen für private Investitionen“ zusichert – sondern wirft auch erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf (Vertrauensschutz, Normklarheit, Art. 20 Abs. 3 GG). Eine solche rückwirkende und dynamisch fortwirkende Regulierung würde zwangsläufig zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen und das Investitionsklima weiter belasten.
Haus & Grund sieht sich in dieser Einschätzung auch durch den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie die Europäische Kommission im „Country Report Deutschland 2024/25“ bestätigt. Beide warnen ausdrücklich davor, durch zusätzliche regulatorische Eingriffe die dringend benötigten Investitionsanreize im Wohnungsbau zu gefährden.
b) Indexmieten: Die im Entwurf eines "Faire-Mieten-Gesetzes" vorgesehene Kopplung der Indexmiete an den Nettokaltmietenindex ist nicht sachgerecht und wirtschaftlich unhaltbar. Die Indexmiete wurde eingeführt, um die Planbarkeit von Investitionen zu gewährleisten und reale Preisentwicklungen abzubilden, insbesondere bei steigenden Bau- und Grundstückskosten. Der Instandhaltungsindex hat sich zwischen 2019 und Ende 2024 um rund 11 % erhöht, eine Entwicklung, die im Nettokaltmietenindex nicht annähernd abgebildet wird. Die Kopplung der Indexmiete an den regulierten Nettokaltmietenindex hätte zur Folge, dass die reale Kostenentwicklung bei Instandhaltung und Modernisierung nicht berücksichtigt wird. Infolgedessen verliert das Instrument der Indexmiete seine steuernde Wirkung und ist nicht mehr zielführend.
c) Möblierte Wohnungen: Diese stellen einen Teilmarkt dar, insbesondere in Phasen beruflicher Mobilität, zeitlich begrenzter Arbeitsverhältnisse und einer steigenden Nachfrage nach unmittelbar nutzbarem Wohnraum. Der Gesetzentwurf zum Möblierungszuschlag (max. 1 % des Zeitwerts) erzeugt jedoch erhebliche Rechtsunsicherheit. Die Tatsache, dass private Vermieter häufig keine Nachweise über die Anschaffung und den Zustand älterer Möbel vorweisen können, erschwert die Umsetzung in der Praxis erheblich. Darüber hinaus werden während des Mietverhältnisses auftretende notwendige Reparaturen und Ersatzkäufe nicht berücksichtigt. Es ist zu erwarten, dass flexible Wohnangebote sinken bzw. Leerstandsquoten steigen, aus Sorge um mögliche formale Mängel oder Bußgelder. Infolgedessen würde der Bedarf nach möbliertem Wohnraum durch informelle Untermietmodelle gedeckt, wobei keine rechtliche Kontrolle gewährleistet wäre. Auch aus Gründen der Nachhaltigkeit ist die geplante Regelung fragwürdig. Vermieter werden aus rechtlichen Unsicherheiten heraus künftig seltener möbliert vermieten. Wenn künftig aber z.B. Küchen vollständig durch die Mieter gestellt werden müssen, entstehen hohe Anschaffungs- und Entsorgungskosten mit negativen Folgen für Umwelt, Ressourcen und soziale Teilhabe. Haus & Grund fordert demgemäß eine realistische und rechtssichere Regelung. Das Ziel muss darin bestehen, die Versorgung mit möbliertem Wohnraum zu gewährleisten.
d) Ausdehnung des Vergleichszeitraumes: Die Ausweitung des Vergleichszeitraums auf 20 Jahre würde dazu führen, dass historische Mietniveaus aus einer Zeit einfließen, in der Marktbedingungen insbesondere hinsichtlich der Baukosten, der Nachfrage und des Regulierungsbedarfs, völlig anders waren. In den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren lagen Neuvertragsmieten oftmals um 30–50 % unter dem heutigen Marktniveau. Würden diese niedrigen Werte nun in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete einbezogen, unterdrückten sie aktuelle Marktentwicklungen und verhinderten eine realistische Anpassung an gegenwärtige Kostenstrukturen. Ökonomisch betrachtet ist der bestehende sechsjährige Betrachtungszeitraum zu lang und in jedem Fall ausreichend, um Schwankungen abzubilden, ohne von veralteten Extremwerten dominiert zu werden. Ein 20-Jahres-Zeitraum dagegen führt zu einem faktischen „Mietenstopp“. Damit verfehlt eine 20-Jahres-Regelung nicht nur das verfassungsrechtlich gebotene Erfordernis einer marktadäquaten ortsüblichen Vergleichsmiete(Art. 14 Abs. 1 GG), sondern schafft auch ökonomische Fehlanreize, weil sie bestehende oder geplante Entlastungspotenziale nicht wirksam berücksichtigt. Die ortsübliche Vergleichsmiete soll laut Koalitionsvertrag „realitätsnah und statistisch abgesichert“ sein. Ein 20-Jahres-Zeitraum unterläuft dies systematisch: Er zementiert vergangene Marktverhältnisse und verzerrt zukünftige Mieten, wodurch weder Anreize für Neubau noch Modernisierung entstehen.
e) Eigenbedarfskündigung und Kündigungsfristen (§ 566, §§ 573, 573c BGB): Die in der Novelle vorgesehenen Änderungen sehen eine signifikante Verlängerung der Kündigungs- und Eigenbedarfssperrfristen vor. Erwerber sollen demnach erst nach einer Zeitspanne von fünf Jahren nach dem Eigentumsübergang eine Kündigung aussprechen dürfen. In angespannten Märkten wird die ordentliche Kündigungsfrist um bis zu acht Monate verlängert. Dies resultiert in einer Planungsunsicherheit für Eigentümer und einer Entwertung der Möglichkeit der Eigennutzung oder der Bereitstellung von Wohnraum für Angehörige. Diese Regelung steht im Widerspruch zum Ziel des Koalitionsvertrags, Miete und Eigentum gleichzustellen. In Zeiten wachsender beruflicher und sozialer Mobilität braucht es keine starren Sperrfristen, sondern rechtsklare und praktikable Regelungen. Eigentum muss als Lebens- und Wohnform gestärkt werden für die Familie, für die Altersvorsorge und für Stabilität. Wenn immer neue mietrechtliche Unsicherheiten geschaffen werden, verliert selbstgenutztes Eigentum seine Schutzfunktion. Das schwächt Vertrauen, hemmt Investitionen und sendet das falsche Signal in Zeiten, in denen Eigentum eigentlich gestärkt werden müsste. Dabei bestehen nach geltendem Recht bereits umfangreiche Schutzvorschriften für Mieter bei Eigenbedarfskündigungen: Härtefallregelungen, gerichtliche Kontrolle, soziale Abwägung sowie großzügige Fristen im Räumungsverfahren. Eine weitere Einschränkung des Eigentumsrechts ist weder erforderlich noch verhältnismäßig.
Bußgeld- und Strafvorschriften (§ 5 WiStrG) Die geplante Neufassung des § 5 WiStrG verlagert zivilrechtliche Auseinandersetzungen endgültig ins Ordnungswidrigkeitenrecht ohne Nachweispflichten für eine individuelle Ausnutzung. Der Wegfall des Ausnutzungserfordernisses und die Verdoppelung des Bußgeldrahmens führen zu einer Beweislastumkehr zulasten der Vermieter und verschärfen ein ohnehin verfassungsrechtlich fragwürdiges Instrument. Ursprünglich diente § 5 WiStrG dem Schutz staatlicher Subventionen und nicht der Regulierung zivilrechtlicher Mietverhältnisse. Seine Anwendung im Mietrecht führt zu einer unsystematischen Straffolge, weil die Voraussetzungen des Verschuldensprinzips bei Mietverträgen ohne Mietspiegel kaum zu verifizieren sind. In über 9.000 Kommunen ohne qualifizierten Mietspiegel ist praktisch nie eindeutig feststellbar, ob tatsächlich ein Preisaufschlag über der ortsüblichen Vergleichsmiete vorliegt. Vermieter sehen sich daher einem unkalkulierbaren Bußgeldrisiko ausgesetzt, obwohl sie nach BGB und Einkommenssteuerrecht legitime Mieten verlangen, die gängige Finanzierung und kalkulierte Unterhaltskosten widerspiegeln. Der Entwurf einer Neufassung von § 5 WiStrG verkennt drei zentrale Aspekte:
- Keine verfassungsgemäße Rechtssicherheit: Verfassungsrechtlich verlangt Art. 14 Abs. 1 GG Transparenz und Verhältnismäßigkeit bei jedem Eingriff in Eigentumsrechte. Eine verschärfte Bußgeldhöhe erhöht lediglich den Druck auf Vermieter, zwingt sie zu aufwendiger Beweisführung und verschärft die Planungsunsicherheit ohne fakten-basierten Nachweis einer tatsächlichen Mietwucher-Situation. Gerade private Vermieter vermieten häufig defizitär oder kostendeckend, sodass ein vermeintlicher „Wuchervorwurf“ oft unbegründet ist.
- Ineffizienz und Verwaltungsaufwand: § 5 WiStrG ist kein geeignetes Instrument zur Regelung privater Mietverhältnisse. Die strafrechtliche Verfolgung von Preisabreden zwischen Privatpersonen führt zu erheblichem Verwaltungsaufwand ohne spürbare mietpolitische Wirkung. Der Staat übernimmt Aufgaben, die zivilrechtlich im Rahmen längst geregelt sind. Statt objektiver Prüfung privatrechtlicher Vertragsverhältnisse erfolgt eine strafrechtlich geprägte Einzelfallverfolgung mit unsicherer Rechtsgrundlage und hohem Personal- und Kostenaufwand. Diese Fehlverlagerung staatlicher Zuständigkeiten konterkariert jedes Ziel eines effektiven Bürokratieabbaus. Die öffentliche Hand sollte Verfahren, deren Klärung originär zwischen den Vertragsparteien erfolgen sollte, nicht finanzieren. Die Verschärfung von § 5 WiStrG ist daher nicht nur verfassungsrechtlich untragbar, sondern erhöht zusätzlich das Risiko für rechtschaffene Vermieter, insbesondere im Segment der privaten Kleinvermietung.
V. Aktive Eigentumspolitik statt weiterer Beschränkungen
Die vorliegenden Gesetzesentwürfe postulieren ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Mietern und Vermietern, ohne dabei die tatsächliche Eigentümerstruktur adäquat zu berücksichtigen. Tatsächlich wird rund 80 Prozent des Mietwohnungsbestands von Privatpersonen und nicht von institutionellen Anlegern gehalten. In der Regel handelt es sich bei den Vermietern um Verbraucher, die mit den Mieteinnahmen Kredite tilgen oder eine Altersvorsorge betreiben. Gemäß dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwirtschaften gegenwärtig 54,1 % dieser Eigentümer lediglich einen Kosten- bzw. Verlustdeckungsbeitrag. Die vorliegenden Gesetzentwürfe postulieren zwar, dass die "wirtschaftliche Verwendbarkeit des Eigentums" unberührt bliebe, verzichten jedoch vollständig auf die Implementierung von Kompensationsregelungen. Es ist weder mit steuerlichen Entlastungen noch mit realitätsnahen Fördermechanismen zu rechnen. Stattdessen wird eine Verschärfung der Regulierung vorgenommen, ohne dabei die signifikant gestiegenen Bau- und Instandhaltungskosten zu berücksichtigen. Für private Eigentümer reduziert sich somit die Attraktivität der Vermietung, insbesondere im Vergleich zu flexiblen und renditestarken Anlageformen wie ETFs oder Aktien. Der bestehende Regulierungsdruck, Planungsunsicherheit und steuerlicher Belastung fördern einen Rückgang von Investitionen durch Privatpersonen und führen zu einem Anstieg von Sanierungsstaus sowie einem zunehmenden Verfall des Bestands. In Anbetracht der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren, ist eine strukturelle Verschiebung des Marktes zu erwarten. Ohne eine entsprechende Kurskorrektur der mietrechtlichen Regelungen ist davon auszugehen, dass Erben den Bestand verkaufen, und zwar nicht an neue Kleinvermieter, sondern an institutionelle Investoren. Letztere verfügen im Unterschied zu privaten Eigentümern über Kapital, Abschreibungsstrategien und Rechtsabteilungen. Die Prognosen deuten darauf hin, dass dies das Mietniveau mittel- bis langfristig eher erhöhen als stabilisieren wird.
Haus & Grund empfiehlt daher dringend eine Rückkehr zu rechtsstaatlich tragfähigen, evidenzbasierten und investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen. Dazu zählen gezielte Entlastungen für private Eigentümer, realitätsgerechte Mietenmodelle und eine konsequent marktbezogene Reform der Vergleichsmiete.