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Verstoß gegen das Schriftformerfordernis durch vereinbarte Mieterhöhung

Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass jede Änderung der Miethöhe, soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit von Vermieter widerrufen werden kann, eine wesentliche und damit formbedürfte Vertragsänderung darstellt.

Der Fall:
Die Mieter mieteten im Jahr 2001 vom Rechtsvorgänger des Vermieters (Erblasser) zum Betrieb einer Zahnarztpraxis Räume an. Zum Zweck der Praxisvergrößerung schlossen die Mieter mit dem Erblasser am 2. Mai 2005 einen neuen schriftlichen Mietvertrag, der sich neben den Erdgeschossräumen auch auf Räume im ersten Obergeschoss bezog. Es erfolgten Umbaumaßnahmen wie ein Deckendurchbruch und der Einbau einer Verbindungstreppe zwischen den beiden Geschossen, deren Kosten die Mieter trugen. Als Vertragsende war der 30. April 2020 vereinbart, als monatliche Miete ein Betrag von 1.350 €. Knapp acht Monate nach dem Vertragsabschluss vereinbarten die Mieter mit dem Erblasser mündlich, dass die monatliche Miete ab 1. Januar 2006 um 20 € auf 1.370 € erhöht werde, und vermerkte dies auf dem Mietvertragsexemplar der Mieter. Der Erblasser verstarb und wurde von dem jetzigen Vermieter beerbt.
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2013 kündigten die Mieter das Mietverhältnis zum 31. Juli 2014 aus wichtigem Grund, weil die Räume nicht mehr den gestiegenen Anforderungen an den Platzbedarf der Praxis und an die Einhaltung von Hygienevorgaben entsprächen. Sie erhoben in der Folge Klage auf Feststellung, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung beendet sei. Mit der Klage erklärten sie auch die ordentliche Kündigung zum 31. Juli 2014.

Das Problem:
Ein wirksam befristetes Mietverhältnis endet durch Zeitablauf und kann zuvor nicht ordentlich gekündigt werden. Allerdings setzt ein solcher Zeitmietvertrag die Einhaltung des Schriftformerfordernisses gem. § 550 BGB voraus. Werden hier Fehler gemacht, ordnet die Vorschrift an, dass das Mietverhältnis als unbefristetes zu werten sei und damit jederzeit ordentlich von beiden Parteien gekündigt werden kann. Vorliegend machten die Mieter insbesondere geltend, dass die mündlich vereinbarte Mieterhöhung gegen das Schriftformerfordernis verstoßen habe. Es handele sich daher nun kraft Gesetzes um ein unbefristetes und damit auch ordentlich kündbares Mietverhältnis. Der Vermieter wandte ein, es habe sich nur um eine marginale Änderung von 20,- € bzw. 1,5 % gehandelt, was von untergeordneter Bedeutung sei.

Das Urteil:
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Mieter grundsätzlich recht. Die Schriftform sei nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Für Vertragsänderungen gelte nichts anderes als für den Ursprungsvertrag. Sie müssten daher ebenfalls der Schriftform des § 550 BGB genügen, es sei denn, dass es sich um unwesentliche Änderungen handele. Die Änderung der Miethöhe stelle indes stets eine wesentliche und - jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolge und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden könne - dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar.

Das sagt Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg dazu:
Die BGH-Urteile zum Schriftformerfordernis sind so zahlreich und unübersichtlich wie Sand am Meer. Dies zeigt die enorme wirtschaftliche Bedeutung für die Beteiligten: Je nachdem, wer gerade sein Interesse an einer langjährigen Bindung durch den Vertrag verloren hat, sucht nach Fehlern bei der Schriftform, was gravierende finanzielle Folgen haben kann. Immerhin hat der BGH nun an einem Punkt für Klarheit gesorgt und deutlich gemacht, dass es nicht auf die Höhe einer Mietänderung ankommt, sondern jede Veränderung wesentlich ist und damit dem Schriftformerfordernis unterliegt. Mitglieder von Haus & Grund sollten folglich bei Änderungen oder Ergänzungen eines laufenden befristeten Mietvertrages sehr sorgfältig vorgehen und sich im Zweifel unbedingt ausführlich beraten lassen. Dies gilt auch bei Änderungen in Bezug auf die Vermietete Fläche oder bei Vereinbarungen zu am Mietobjekt durchzuführenden Um- und Ausbaumaßnahmen.

BGH, Urteil vom 25.11.2015, AZ: XII ZR 114/14

Amtlicher Leitsatz:

"a) Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche und jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar.

b) Zur Frage, wann eine Vertragspartei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehindert ist, sich auf einen Schriftformmangel zu berufen.

c) Zur Formbedürftigkeit von Vereinbarungen zu am Mietobjekt durchzuführenden Um- und Ausbaumaßnahmen."

 

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