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Berlin – Das Venezuela Deutschlands

Diese Analogie zog der Kolumnist Jan Fleischhauer im Spiegel bereits 2018. Daran habe ich angesichts des Volksentscheids über die Enteignung von Immobilienkonzernen gedacht. Bei der Bundestagswahl, die am selben Tag stattfanden, waren Prognosen schwierig; das war klar. Beim Volksentscheid hatte ich eigentlich auf die Vernunft der Berliner Bevölkerung gesetzt. Umso mehr war ich überrascht, dass sich 56,4 Prozent der Berlinerinnen und Berliner dafür aussprachen, große Immobilienkonzerne, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, zu enteignen. Klar ist, dass dieser Volksentscheid für die Politik unverbindlich ist. Völlig unklar ist, wie Berlin die Entschädigung für die Eigentümer der zu enteignenden Wohnungen aufbringen soll; jede Enteignung durch den Staat setzt nämlich eine Entschädigung voraus. Die Ausmaße dieser Entschädigung werden an einem Immobilienerwerb durch das Land Berlin auf herkömmlichem Weg deutlich. Die Landesregierung hat jüngst 15.000 Wohnungen für 2,4 Milliarden gekauft. Angesichts der Dimensionen der Enteignungsentscheidung wird fast nebensächlich, dass Berlin für eineinhalb Jahrzehnten ebendiese Wohnungen und 45.000 weitere für 400 Millionen Euro verkauft hatte. Fachleute sprechen mit Fug und Recht vom schlechtesten Immobiliendeal aller Zeiten. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Enteignung dürfte den Steuerzahler mindestens 30 Milliarden Euro kosten.

Fatal ist aus meiner Sicht das Signal, das von diesem Volksentscheid ausgeht. Es erweckt den Eindruck, als wenn die Enteignung Mieterinnen und Mietern in Berlin helfen könnte, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen. Aus meiner Sicht besteht die Gefahr, dass Politiker meinen, im Sinne dieses Volksentscheides handeln zu müssen, weil die Mehrheit so deutlich gewesen ist. Dabei ist eines vollkommen klar: Durch die Enteignung kommt nicht eine einzige bezahlbare Wohnung mehr auf den Markt. Die Wohnungen der Immobilienkonzerne stehen ja nicht leer, sondern sind vermietet. Ob der Staat überhaupt der bessere Vermieter ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Vielfach, so auch in Schleswig-Holstein haben Land und Kommunen eigene Wohnungsunternehmen veräußert, weil die verantwortlichen Politiker nicht genug in den Bestand investiert haben und dann das Geld für notwendige Instandsetzungen fehlte. Des Weiteren müsste sich der Bürger die Frage stellen, wie gut das Erinnerungsvermögen der Politiker ist. Wie das Berliner Beispiel zeigt, hatte vor 15 Jahren die Landesregierung Wohnungen als Tafelsilber veräußert, um anderen Projekte zu finanzieren. Die Gewähr bei der jetzt im Raume stehenden Enteignung, dass die Politiker in der Zukunft nicht selbiges tun, gibt es nicht.

Da bleibt nur die Hoffnung, dass die bald neue Berliner Landesregierung den Mut hat, den Bürgern deutlich zu sagen, wie der Volksentscheid wohnungspolitisch zu bewerten ist: Ein unsinniger Schildbürgerstreich!

In der kommenden Ausgabe der Norddeutschen Hausbesitzer Zeitung, die Mitte Oktober erscheint, werden wir uns ausführlich mit dem Thema auseinandersetzen.

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