Finanzsenator Fecker droht neues Ungemach
Erstes Urteil gegen unterschiedliche Grundsteuer-Hebesätze – Bremer Modell könnte ins Wanken geraten
Die gerade bekannt gewordenen Urteile des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 4. Dezember 2025 könnten auch erhebliche Auswirkungen auf die Grundsteuerpraxis im Land Bremen haben. Die Richter erklärten die in mehreren NRW-Städten angewendeten unterschiedlichen Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke für verfassungswidrig und damit rechtswidrig.
„Diese Entscheidungen sind ein Weckruf auch für Bremen“, warnt Ingmar Vergau, Geschäftsführer von Haus & Grund Bremen. „Die Landesregierung und Finanzsenator Fecker müssen jetzt genau hinsehen, denn Bremen nutzt ebenfalls Mechanismen, die zu erheblichen Belastungsverschiebungen zwischen Wohnen und Nichtwohnen geführt haben. Die Rechtsprechung zeigt: Das Bundesmodell produziert Konflikte – und diese fallen den Ländern politisch und rechtlich auf die Füße.“
Im Kern hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen festgestellt, dass die Städte Bochum, Essen, Dortmund und Gelsenkirchen mit der Anwendung unterschiedlicher Grundsteuer-Hebesätze gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoßen. Hebesätze dürfen nicht dazu genutzt werden, systematisch bestimmte Grundstücksarten – insbesondere Nichtwohngrundstücke oder gemischt genutzte Grundstücke mit Gewerbeanteil – überproportional zu belasten.
„Was dort für rechtswidrig erklärt wurde, betrifft nicht nur NRW. Es ist ein grundsätzliches Problem des auch in Bremen angewandten Bundesmodells, weil dieses die Grundlage für solche Verschiebungen überhaupt erst geschaffen hat“, so Vergau.
Bremen verzichtet zwar auf unterschiedliche kommunale Hebesätze, nutzt aber differenzierte Landesgrundsteuermesszahlen, die dieselben Effekte erzeugen:
- Wohngrundstücke werden formal entlastet,
- Nichtwohngrundstücke und gemischt genutzte Objekte dagegen erheblich stärker belastet.
„Auch in Bremen haben wir eine faktische Lastenumverteilung, die sich nun im Lichte der Rechtsprechung als problematisch erweisen könnte“, erklärt Vergau weiter. „Wenn Gerichte in NRW die Belastungsverschiebung untersagen, wird man sich auch in Bremen fragen müssen, ob die Landesmesszahlen in dieser Form Bestand haben.“
Gerade für die vielen privaten Eigentümer gemischt genutzter Objekte – beispielsweise Wohn- und Geschäftshäuser mit einem Gewerbeanteil ab 20 Prozent – ist die Entscheidung bedeutsam. Diese werden unter dem Bundesmodell oft so eingestuft, dass für sie ein deutlich erhöhter Steuersatz gilt, obwohl sie einen erheblichen Beitrag zum Wohnungsangebot leisten.
„Viele dieser Objekte gehören privaten Eigentümergemeinschaften, die ohnehin schon stark belastet sind. Eine pauschale Zuordnung in eine höhere Steuerkategorie widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz“, sagt Vergau.
Die Urteile belegen aus Sicht von Haus & Grund, dass die Grundsteuerreform in ihrer jetzigen Form strukturell fehlerhaft ist. Die komplexe Wertorientierung, die neuen Bewertungsmethoden und die darauf aufsetzenden unterschiedlichen Steuermesszahlen oder Hebesatzgestaltungen führen zu Ungleichbehandlungen und massenhaften Rechtsmitteln.
Haus & Grund unterstützt deswegen die anhängigen Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof. Zwei Klagen werden bereits am 10. Dezember 2025 verhandelt.
„Unsere Position bleibt klar: Bremen muss weg vom Bundesmodell. Es schafft Unsicherheiten, Ungleichbehandlungen und enorme Bürokratie“, so Vergau. „Die einfachen Flächenmodelle aus Niedersachsen oder Bayern sind gerechter, transparenter und verfassungssicherer. Die Landesregierung sollte die Entwicklungen nicht unterschätzen“, mahnt Vergau. „Die Kombination aus massiven Einsprüchen, steigenden Belastungen, verfassungsrechtlichen Risiken und neuen Gerichtsurteilen ist ein eindeutiges Signal: Bremen muss seine Grundsteuerpolitik überdenken – bevor der nächste juristische Schlag folgt.“