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Steuern

Jahressteuergesetz 2022

Berlin, November 2022

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Jahressteuergesetz 2022 (JStG)

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Steuern und Abgaben

Artikel 4 Nr. 1 b) (Weitere Änderungen des Einkommensteuergesetzes)
Änderung des § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz
und
Artikel 9 Nr. 4 (Weitere Änderung des Umsatzsteuergesetzes)
Einführung eines neuen § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz

Haus & Grund Deutschland begrüßt die Einführung einer Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Fotovoltaikanlagen grundsätzlich. Ebenso begrüßt Haus & Grund Deutschland die Einführung des Nullsteuersatzes grundsätzlich, da sie das Dilemma der Nutzung einer Kleinunternehmerregelung mit dem damit verbundenen Verlust der Vorsteuerabzugsmöglichkeit beseitigt.

Artikel 12
Änderungen des Bewertungsgesetzes
Nr. 8
§ 187 Abs. 2 Anlage 23 Bewirtschaftungskosten

Diese Änderung betrifft die Bewirtschaftungskosten, die im Ertragswertverfahren steuermindernd zu berücksichtigen sind. Bisher werden pauschale prozentuale Abzüge in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer angesetzt, also z.B. 27 Prozent Abschlag vom Rohertrag bei einem Mehrfamilienhaus, das eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren hat. Der Entwurf sieht nun stattdessen eine Einführung fester Abschlagsbeträge vor und nicht mehr wie bisher den prozentualen Abschlag vom Rohertrag. Die festen Beträge für Verwaltungskosten und Instandhaltung erscheinen sehr niedrig angesetzt. Dies wird in vielen Fällen die steuerliche Bemessungsgrundlage deutlich erhöhen. Ihre Anpassung an die tatsächliche Preisentwicklung erscheint fragwürdig aufgrund einer Bezugnahme auf den Verbraucherpreisindex 2001, die dem Regelungsziel einer „Marktanpassung“ zuwiderläuft. Ob eine tatsächliche und realitätsgerechte Anpassung dieser Werte wie im Gesetz angekündigt tatsächlich erfolgen wird, ist fraglich. Eine Beibehaltung der Bezugnahme auf den Rohertrag wäre hier zudem sicher praktikabler gewesen.

Nr. 9
§ 188 Abs. 2 Bewertungsgesetz Liegenschaftszinssätze

Der Liegenschaftszinssatz gibt an, wie hoch der Wert der Immobilie durchschnittlich verzinst ist und hängt vor allem von Lage, Immobilienart und Restnutzungsdauer ab. Gutachterausschüsse weisen den Liegenschaftszinssatz oft aus, aber nicht flächendeckend. Der Liegenschaftszinssatz wird beim Ertragswertverfahren verwendet und damit auch typischerweise für die vermietete Wohnimmobilie. Weil sich genaugenommen ein Teil des aus den Mieten berechneten Ertrages auch auf den Grund und Boden bezieht, muss dies wieder herausgerechnet werden. Diese Korrektur erfolgt mit Hilfe des Liegenschaftszinssatzes durch einen entsprechenden Abzug vom Rohertrag. Je höher dieser Abzug ist, desto geringer der zu versteuernde Wert. Niedrigere Liegenschaftszinssätze bedeuten somit weniger Abzugsbetrag und damit im Ergebnis eine höhere steuerliche Bemessungsgrundlage. Das Gesetz sieht ab 2023 für Regionen, in denen Liegenschaftszinssätze der Gutachter fehlen, nur noch 3,5 Prozent statt 5 Prozent als anzusetzenden Liegenschaftszins für Mietwohngrundstücke vor. Niedrigerer Liegenschaftsabzug also gleich höherer steuerlicher Wert gleich höhere Steuer. Eine „Anpassung an das aktuelle Marktniveau“ bedeutet hier also u.U. eine Benachteiligung aufgrund eines hohen Immobilienmarkt-Preisniveaus.

Zwischenfazit:
Gutachten, die einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen, sind zwar weiterhin grundsätzlich möglich (§ 198 Abs. 1 BewG). Allerdings muss eine überschlägige Einwertung der Immobilie zunächst ergeben, ob die Erstellung eines solchen kostenpflichtigen Gutachtens in Anbetracht der zu erwartenden steuerlichen Mehrbe-lastung überhaupt wirtschaftlich ist. Zudem erreichen uns vermehrt Informationen über Finanzämter, die die Ergebnisse solcher Gutachten generell in Zweifel ziehen.

Diese Änderungen treffen vor allem Erben und Schenkungsempfänger von Immobilien in hochpreisigen Regionen und damit auch viele private Kleinvermieter. Ein Abschwung am Immobilienmarkt wird hingegen nach bisheriger Erfahrung voraussichtlich nicht zeitnah in den Bewertungsvorschriften nachvollzogen werden.

Haus & Grund Deutschland plädiert vor diesem Hintergrund dafür, dass Vermieter, die für die Dauer von fünf Jahren ab Anfall einer Erbschaft bzw. Schenkung die Mietsumme der zum Zeitpunkt der Erbschaft bzw. Schenkung in der ererbten bzw. geschenkten Immobilie bestehenden Mietverhältnisse einfrieren, für diese Immobilie von der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer befreit werden.

Die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist eine sofort fällige Steuer, die unabhängig von der Wirtschaftskraft des Begünstigten anfällt. Sie hat vor allem in Regionen mit stark ansteigenden Immobilienpreisen eine steigende Zahl von Verkäufen privater Eigentümer an institutionelle Großinvestoren und damit die Ingangsetzung von Mieterhöhungsautomatismen durch diese Investoren zur Folge. Die o.g. Regelung würde dazu beitragen, dies zu verhindern und damit den Erhalt preisgünstigen Wohnraums auch in diesen Regionen aktiv unterstützen.

Artikel 21 (Weitere Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung
Einführung eines neuen § 5a Identifikationsnummer

Haus & Grund Deutschland begrüßt zwar, dass die Voraussetzungen für einen direkten Auszahlungsweg für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer geschaffen werden sollen. Leider wurde ein Hauptzweck dieser Regelung, die Einführung eines Klimageldes, das echte Lenkungswirkung beim Klimaschutz entfalten würde, trotz Festlegung im Koalitionsvertrag, nach wie vor nicht in Angriff genommen. Stattdessen wurde die gesetzgeberische Energie zunächst auf ein nicht zielführendes und nicht am Gebäude-standard orientiertes Gesetzgebungsverfahren zur Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mieter und Vermieter verwendet.

Für weitere Anmerkungen verweisen wir auf unsere beigefügte Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 10. August 2022.

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