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Wohngeld

Wohngeldreform 2022

Berlin, November 2022


Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Wohngeldes (Wohngeld-Plus-Gesetz)

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Wohngeld

I. Einleitung

Das Wohngeld richtet sich nach der Haushaltsgröße, den Wohnkosten und dem Einkommen der Wohngeldbezieher (§ 4 WoGG). Aufgrund der Einbeziehung regionaler Mietunterschiede und der Berücksichtigung individueller Lebensbedingungen ist es ein sozialpolitisch sehr treffsicheres und daher ausgesprochen effektives sowie effizientes Instrument. Das Ziel des Wohngeldes ist die wirtschaftliche Sicherung angemessenen Wohnens für einkommensschwache Haushalte – und dass nicht nur für Mieterhaushalte, sondern auch für selbstnutzende Eigentümer in Form des Lastenzuschusses.

Seine Leistungsfähigkeit als Entlastungsinstrument hat diese Sozialleistung zuletzt in der Corona-Pandemie eindrücklich unter Beweis gestellt. Die Sozialsysteme mitsamt dem Wohngeld haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, Haushalten auch in Krisensituationen bedarfsgerecht zu helfen. Darüber hinaus führt die Absicherung durch die Sozialsysteme dazu, dass der Mietwohnungsmarkt für einkommensschwache Haushalte zugänglich bleibt und selbstgenutztes Wohneigentum nicht aufgegeben werden muss. Außerdem machen die sozialen Sicherungssysteme mietrechtliche Regelungen, wie bspw. ein Kündigungsmoratorium, überflüssig, mit denen ansonsten die Verantwortung für die soziale Absicherung vom Staat einseitig auf einzelne vermietende Privatpersonen übertragen worden wäre.

Vor dem Hintergrund der geplanten energetischen Modernisierung des gesamten Gebäudebestandes und
angesichts der kriegsbedingt stark steigenden Energiepreise, stehen das Wohngeld sowie die Sozialsysteme insgesamt vor der schwierigen Aufgabe, überlasteten Haushalte in einer Krisensituation zu helfen. Die Energiepreisentwicklungen lassen vermuten, dass die Höhe des Wohngeldes, trotz seiner Dynamisierung, aktuell nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf einer Reform des Wohngeldes vom 11. Oktober 2022 verfolgt der Gesetzgeber insbesondere das Ziel, den Empfängerkreis von heute rund 600.000 auf zwei Millionen Haushalte zu erweitern. Hierfür soll die Wohngeldformel entsprechend angepasst werden. Angesichts steigender Preise für Heizenergie und zunehmender Wohnkosten aufgrund von Maßnahmen zur Verbesserung der Energiebilanz von Wohngebäuden, sieht der Entwurf zudem die Einführung einer Heizkostenkomponente sowie einer Klimakomponente vor. Diese drei Komponenten bilden den Kern der geplanten Wohngeldreform.

Die geplanten Maßnahmen sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten und einer zunehmenden Mehrbelastung der Bevölkerung dringend notwendig, um die soziale Gerechtigkeit der Gesellschaft zu wahren. Die Krisenfestigkeit des Wohngeldes als Entlastungsinstrument wird durch die Reform gestärkt.

Durch die deutliche Ausweitung des Empfängerkreises droht allerdings eine Überlastung der Wohngeldbehörden. Damit die Gelder schnell und unbürokratisch fließen können, braucht es daher kurzfristig eine geeignete Übergangslösung zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens und mittelfristig eine deutliche Ausweitung der personellen Kapazitäten.

II. § 19 – Anpassung Wohngeldformel

Ob ein Anspruch auf Wohngeld oder Lastenzuschuss besteht, hängt von den Wohnkosten und dem Einkommen der Antragsteller ab. Der Zusammenhang aus diesen Faktoren wird in der Wohngeldformel (§ 19 WoGG) geregelt. Die Parameter dieser Formel werden im Zuge der Reform so angepasst, dass sich die Leistungen erhöhen und die Zahl der Anspruchsberechtigten steigt. Die Anpassung der Formel führt zu einer Anhebung der Maximaleinkommen, bis zu denen ein Anspruch besteht. Mit den geplanten Änderungen soll die Belastung durch die Wohnkosten gesenkt werden. Eine spürbare Entlastung der Haushalte bei den Wohnkosten ist gerade durch die deutlich ansteigenden Lebenshaltungskosten, die gravierend von den hohen Energiepreisen getrieben werden, wichtiger denn je.

  • Haus & Grund Deutschland begrüßt die Anpassung der Wohngeldformel als wichtigen Schritt, um das Wohngeld und den Lastenzuschuss als Entlastungsinstrument auf die neuerlichen Herausforderungen für einkommensschwache Haushalt einzustellen.

III. § 12 – Miethöchstbeträge, Entlastung bei den Heizkosten und Klimakomponente

Absatz 6 – Entlastung bei den Heizkosten

Die geplante Entlastung bei den Heizkosten ist sehr zu begrüßen. In Anbetracht der notwendigerweise schnellen Reaktion auf die aktuellen Energiepreisentwicklungen, ist das Anknüpfen an die Heizkostenkomponente der Jahre 2009 und 2010 ein probates Mittel. Die pauschale Unterstützung ist schnell umsetzbar und setzt keine Fehlanreize in puncto Energiesparen.

  • Haus & Grund Deutschland begrüßt die Einführung und situationsbedingt aktuelle Gestaltung der Heizkostenkomponente. Eine dauerhafte Heizkostenkomponente sollte allerdings in einem nächsten Reformschritt dynamisiert werden. Eine Kopplung an die indexierten Energiekosten wäre sachgerecht.

Absatz 7 – Klimakomponente

Auch die vorgesehenen pauschalisierten Werte in der Klimakomponente sind eine probate Lösung, um die Reform situationsgerecht zügig umzusetzen. Das ursprüngliche Ziel der Klimakomponente war es, Wohngeldhaushalten zu ermöglichen, ihre Wohnungen nach energetischen Modernisierungen zu behalten, da Wohnungen höherer Energiestandards höhere Nettokaltmieten aufweisen können, die die Höchstbeträge des Wohngeldes übersteigen. Dazu sollte zukünftig die wohngelderhöhende Klimakomponente an den energetischen Standard der Wohnungen geknüpft werden.

  • Haus & Grund Deutschland begrüßt die Erweiterung und situationsbedingt aktuelle Gestaltung der Klimakomponente. Die Entwicklung einer „echten“ Klimakomponente sollte jedoch dringend weitergeführt werden, um in einem nächsten Reformschritt bedarfsgerechter zu unterstützen und die energetische Beschaffenheit bei den Wohngebäuden zu berücksichtigen.

IV. Anlage zu § 1 Absatz 3 – Mietstufen

Die Höchstbeträge, bis zu denen Mieten oder Belastungen durch Wohngeld bezuschusst werden, hängen von den regionalen Mietenniveaus ab. Insgesamt gibt es sieben Mietstufen in die die einzelnen Gemeinden und/oder Kreise entsprechend ihrem Mietenniveau eingeteilt werden. Hierfür wird die durchschnittliche prozentuale Abweichung der örtlichen Mieten der Wohngeldbezieher zu den Durchschnittsmieten vergleichbarer Wohnungen im Bundesgebiet bestimmt. Es wird immer wieder in Frage gestellt, ob die Methodik der Mietstufen-Einteilung die tatsächliche Entwicklung auf dem jeweiligen Wohnungsmarkt hinreichend abbildet. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung arbeitet bereits an einem Projekt zur Verbesserung der Datengrundlagen zur Festlegung der Mietenstufen im Wohngeld.

  • Haus & Grund Deutschland regt daher an, die betroffenen Verbände in die Überprüfung und Verbesserung der Methodik zur Festlegung der Mietenniveaustufen einzubeziehen.

V. § 26a – Vorläufige Zahlung des Wohngeldes

Unbürokratische und schnelle vorläufige Zahlungen wären eine Möglichkeit, um die Mehrbelastung der Wohngeldbehörden aufgrund der deutlichen Ausweitung des Empfängerkreises abzufedern und den Wohngeldempfängern schnellstmöglich die benötigte finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Der Gesetzesentwurf sieht hierbei vor – bei hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass ein Anspruch auf Wohngeld besteht – eine vor-läufige Zahlung zu gewähren. Zur Feststellung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Wohngeldanspruchs müssten von den Wohngeldbehörden allerdings so tiefgreifende Überprüfungen vorgenommen werden, dass diese einer Wohngeldbewilligung fast gleichkämen. Kommen die Wohngeldbehörden dieser Kann-Vorschrift nach, würden sich Verfahren unnötig in die Länge ziehen, da Kapazitäten auf ineffektive Weise gebunden werden. Kommen die Behörden dieser Kann-Vorschrift nicht nach, besteht die Gefahr, dass die Erwartungen der Antragsteller an die Verfahrensdauer enttäuscht werden. Da sich die Zahl der Anträge schätzungsweise mindestens verdreifachen werden und somit die Wohngeldämter personell massiv aufgestockt werden müssen, braucht es dringend eine Vereinfachung des Verfahrens, um die Bearbeitungsdauer zu verkürzen.

  • Haus & Grund Deutschland regt daher an, die Streichung des § 26a zu prüfen, da die vorläufige Zahlung des Wohngeldes die Bearbeitung der Anträge nur verzögert und personelle Kapazitäten an der falschen Stelle bindet.

VI. Bewilligungszeitraum

Der Bewilligungszeitraum liegt aktuell bei 12 Monaten. Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, diesen Zeitraum auf 18 Monate auszuweiten, sofern die Verhältnisse des Wohngeldbeziehers unverändert blieben. Diese Verlängerung ist zu begrüßen, da sie die Zahl der Verlängerungsanträge dämpft und somit bewirkt, dass mehr neue Wohngeldbezieher schneller zu ihrem Anspruch kommen können. Rentner bilden die größte Gruppe unter den Wohngeldbeziehern und haben regelmäßig stabile Einkommens- und Wohnkostenverhältnisse, ähnlich verhält es sich bei Angestellten mit einem festen Gehalt. Hier könnte eine weitere Ausweitung des Bewilligungszeitraums sehr kurzfristig den Arbeitsanfall weiter dämpfen und besser verteilen.

  • Haus & Grund Deutschland schlägt vor, die Möglichkeit zu schaffen, den Bewilligungszeitraum für Haushalte mit voraussichtlich gleichbleibenden Verhältnissen auf 24 Monate auszuweiten.

VII. Vereinfachung des Verfahrens

Angesichts der zu erwartenden zusätzlichen Anträge können Vereinfachungen des Verfahrens dabei helfen, den Arbeitsanfall bei den Wohngeldbehörden zu verringern. Die Landesbauminister haben in ihrer 140. Bauministerkonferenz am 22./23. September 2022 in Stuttgart Vorschläge zu Entbürokratisierung des Verfahrens gemacht. Dabei handelt es sich um die Herausnahme der Heimfälle aus dem Wohngeld. Das Heraufsetzen der Grenzen bei nur vorübergehend geändertem Einkommen von zwei auf mindestens vier Monate oder eine Vereinfachung, welche Einkünfte anzurechnen sind.

  • Haus & Grund Deutschland regt an, diese Vorschläge, sofern sie noch nicht Eingang in die Reform gefunden haben, zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen.

In dem Gesetzentwurf für ein Bürgergeld-Gesetz wird zur Rechtsvereinfachung, die insbesondere die Verwaltung entlasten soll, eine sogenannte Bagatellgrenze für Rückforderungen eingeführt.

  • Haus & Grund Deutschland regt an, eine entsprechende Möglichkeit beim Wohngeld zu schaffen, um auf Bagatellrückforderungen verzichten zu können.

VIII. Informationskampagne mit Fokus auf Lastenzuschuss

Die Ausweitung des Wohngeldes führt zukünftig ca. zwei Millionen Haushalte in den Kreis der Anspruchsberechtigten. Diese Ausweitung ist geboten und sinnvoll, aber sie muss die Betroffenen auch erreichen. Vor allem der Lastenzuschuss führt beim Wohngeld ein Nischendasein. Auch einkommensschwache Haushalte leben im selbstgenutzten Eigentum, auch wenn ihr Anteil erwartungsgemäß eher gering ist. Immerhin leben ca. 21 Prozent der Haushalte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von maximal 1750 Euro pro Monat im selbstgenutzten Eigentum. Der Anteil des Lastenzuschusses für selbstnutzende Eigentümer bei reinen Wohngeldhaushalten liegt bei nur ca. 6,5 Prozent. Schon jetzt dürften vielen Eigentümer einen Wohngeldanspruch haben, ohne dass sie davon wissen. Mit der Ausweitung des Empfängerkreises dürften viele weitere Eigentümerhaushalte hinzukommen, die diese Möglichkeit zur Entlastung nicht kennen.

Darüber hinaus steht es außer Frage, dass Mieterhaushalte, die in den Kreis der möglichen Wohngeldempfänger hineinkommen, von dieser Entlastungsleistung erfahren müssen. Auch hier gilt, dass die Unterstützung dort ankommen muss, wo sie notwendig ist.

  • Haus & Grund Deutschland fordert eine Informationskampagne der Bundesregierung zum Wohngeld unter Einbeziehung von Mieter- und Eigentümerverbänden sowie der Wohnungswirtschaft, die einen eigenen Baustein zur Information von einkommensschwachen Eigentümerhaushalten enthält.

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