Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV)
Berlin, Februar 2021
Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 19.01.2021
Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV)
Einleitung
Der vorliegende Referentenentwurf zur Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) sieht vor, die Anforderungen an die Ableitung der Abgase von neu zu errichtenden Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe neu zu regeln. Mit den Neuregelungen soll die Nachbarschaft besser vor Belästigungen und gesundheitsgefährdenden Emissionen bei der Verbrennung von Festbrennstoffen in Feuerungsanlagen geschützt werden.
Haus & Grund begrüßt grundsätzlich das Vorhaben, die Ableitbedingungen entsprechend den aktuellen technischen Standards für Neuanlagen zu verbessern. Allerdings geht das Anforderungsniveau des vorliegenden Referentenentwurfs über den ursprünglichen vom Bundesrat 2018 beschlossenen Entwurf zur Verschärfung der Ableitbedingungen (Bundesratsdrucksache 551/18(B), Seite 28) und damit weit über das erforderliche Maß hinaus. Mit den strengeren Vorgaben wird der gewollte und geförderte Einsatz von Biomasse-Wärmeerzeugern im Neubau oder als Ersatz für vorhandene Gas- oder Ölheizungen kaum noch wirtschaftlich umsetzbar sein. Auch für besonders emissionsarme Kamine insbesondere mit Umweltzeichen (z. B. Blauer Engel) bieten die hohen pauschalen Anforderungen keine Marktvorteile.
Ableitbedingungen für Neuanlagen auf das nötige Maß reduzieren
Mit der in § 2 Nummer 6a des vorliegenden Entwurfs neu aufgenommenen Definition der firstnahen Austrittsöffnung steigt die Höhe des Schornsteins mit dem Abstand zum First und wird, anders als in § 19 Abs. 1 Nummer 1 gefordert, den First um deutlich mehr als 40 cm überragen.
Ebenso führt die in § 19 Absatz 1 Nummer 1 zusätzlich aufgenommene Anforderung, die Höhe der Schornsteinmündung bei Dachneigung von weniger als 20 Grad auf einen fiktiven First zu beziehen, zu einer pauschalen Erhöhung des Schornsteins, ohne dass deren Notwendigkeit begründet ist. Diese pauschalen Regelungen verringern zwar den Planungsaufwand, führen aber zu unnötigen Kosten beim Bau.
Die Möglichkeiten nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und 3, die Schornsteinhöhe nach dem Stand der Technik für das Einzelgebäude (ohne Berücksichtigung von Umgebungsbebauung und Topographie) oder nach der Richtlinie VDI 3781 Blatt 4 zu bemessen, dienen offenbar dazu, die Ableitbedingungen weiter zu verschärfen, wenn schädliche Umwelteinwirkungen mit den pauschalen Vorgaben nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 nicht verhindert werden können. Als Stand der Technik wird dabei die Richtlinie VDI 3781 Blatt 4 angesehen (siehe Begründung zum Referentenentwurf Teil B zu Nummer 2). An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass allein mit der Veröffentlichung der VDI 3781-4 diese nicht den Stand der Technik abbildet, zumal weder der öffentlichen Hand noch Fachkreisen oder Verbraucherverbänden ein Mitspracherecht bei der Entwicklung und Einführung eingeräumt wird.
Haus & Grund fordert daher, die Ableitbedingungen nach modernem technischen Standard auf das zur Erfüllung der Ziele des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) notwendige und nicht maximal mögliche Maß auszurichten. Die neuen Anforderungen nach § 2 Nr. 6a und § 19 Abs. 1 Nummer 1 für Dachneigungen von weniger als 20 Grad sind zu überprüfen. Einzelfall- oder Ausnahmeregelungen müssen beispielsweise bei Einzellage des Gebäudes oder wenig verdichteter Wohnbebauung, bei besonders emissionsarmen Kaminen und Öfen oder bei Feuerungsanlagen mit Zusatzeinrichtung zur Abscheidung von Staub sowie bei nur gelegentlich betriebenen Feuerstätten weiterhin möglich bleiben.
Keine Verschärfungen bei Bestandsanlagen
Obwohl entsprechend der Begründung zum Referentenentwurf bestehende Anlagen auch bei deren Austausch von den Neuregelungen ausgenommen werden sollen, schließt der Referentenentwurf diesen Fall nicht aus. Nach der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) wird der Austausch einer Feuerstätte als Neuerrichtung und nicht als wesentliche Änderung eingestuft. Damit wären auch Bestandsanlagen von den verschärften Regelungen betroffen. In besonderem Maße würde es diejenigen Eigentümer oder Betreiber treffen, deren Feuerstätten nach den Übergangsregelungen der §§ 25 Abs. 1 und 26 Abs. 2 der 1.BImSchV bis Ende 2024 gegen emissionsärmere Anlagen ersetzt werden müssen. Können in diesen Fällen die Anforderungen an die Ableitbedingungen nicht erfüllt werden, kommt dies einem Verbot gleich.
Aber auch außerhalb dieser Verpflichtung werden die Modernisierung und der Ersatz alter Feststofffeuerungen gegen effizientere und emissionsärmere Anlagen durch die strengeren Vorgaben an die Ableitbedingungen verhindert. Um die geforderte Anordnung der Austrittsöffnung in Firstnähe und 40 cm oberhalb des Firsteszu realisieren, wird es nicht ausreichen, einen bestehenden Schornstein zu verlängern oder höher zu ziehen. Eine Verlängerung oder Erhöhung kann die Standsicherheit des Schornsteins gefährden und die sichere Ableitung der Abgase beeinträchtigen. Schornsteinbauer werden daher aus Haftungsgründen auf eine Neuerrichtung drängen. Die Kosten einer Erneuerung überträfen damit sogar die Kosten für einen Neubau, da auch für die Entsorgung des alten Schornsteins nicht unerhebliche Kosten entstehen.
Haus & Grund lehnt eine Verschärfung der Ableitbedingungen für Bestandsanlagen ab. Wenn eine alte Feuerstätte modernisiert und gegen eine emissionsarme Anlage ersetzt wird, stellt dies bereits eine Verbesserung des vorherigen Zustands dar. Um die Erneuerung alter Feuerstätten nicht zu behindern, muss für bestehende Abgasanlagen Bestandsschutz gelten.
Wie in der Begründung zum Referentenentwurf und auf der Internetseite des BMU angekündigt, muss klargestellt werden, dass „für Anlagen, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits errichtet und in Betrieb genommen wurden, die Vorgaben der derzeit geltenden 1. BImSchV ebenso fortgelten wie in dem Fall, dass ein existierender Kaminofen durch ein neues Gerät ausgetauscht wird. Auch der von der Bundesregierung geförderte Austausch einer Ölheizung durch eine Biomasseheizung soll als „wesentliche Änderung“ nicht von den Neuregelungen erfasst sein.“