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Rechtstipp

Warum Mietstreitigkeiten selten beim Bundesgerichtshof landen

Wer sich schon einmal mit Mieterhöhungen oder Nachzahlungen bei der Miete gestritten hat, weiß: Bis solche Fälle tatsächlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landen, ist es ein weiter Weg. Ein aktueller Beschluss des BGH vom 7. Oktober 2025 (Az. VIII ZR 308/24) zeigt genau, warum das so ist – und was Vermieter wie Mieter daraus lernen können.

Worum ging es?

Ein Vermieter hatte seine Wohnung seit 2017 an drei WG-Mitglieder vermietet – für eine Kaltmiete von 1.285,44 € im Monat. Im Jahr 2020 wollte er die Miete auf 1.622,40 € erhöhen. Eine der Mieterinnen soll ihm daraufhin mündlich zugesagt haben, dafür zu sorgen, dass die WG entweder auszieht oder der Mieterhöhung zustimmt – eine Art persönliche „Garantie“. Doch es kam anders: Die WG blieb, und die Miete wurde nicht erhöht.
Daraufhin verlangte der Vermieter von der betreffenden Mieterin die Mietdifferenz von 336,96 € pro Monat – zunächst für drei Monate, später für längere Zeiträume und klagte diese ein. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Der Vermieter wollte den Fall zum BGH bringen, doch das ging nur, wenn der sogenannte Beschwerdewert über 20.000,00 € lag. Diesen Wert sah der BGH als nicht erreicht.

Wie wird der Streitwert vom Gericht berechnet?

Für solche Fälle gilt § 9 der Zivilprozessordnung (ZPO). Darin steht, dass man bei wiederkehrenden Zahlungen (z. B. monatlicher Miete) den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der geforderten Differenz ansetzt - zzgl. aller Forderungsbeträge, die schon fällig sind.

Ein Rechenbeispiel:

• Monatliche Differenz: 336,96 €

• Jahresbetrag: 336,96 € × 12 = 4.043,52 €

• Dreieinhalbfacher Jahresbetrag: 4.043,52 € × 3,5 = 14.152,32 €

• Dazu kommen noch die Beträge, die schon fällig waren - insgesamt rund 15.000 €.

Damit lag der Streitwert unter der 20.000-€-Grenze, die nötig wäre, um den Fall vor den BGH zu bringen.

Was ist mit der angeblichen „Garantie“ der Mieterin?

Die mündlich zugesagte „Garantie“ der Mitmieterin spielte für die Berechnung keine Rolle.Der Vermieter argumentierte, dass durch diese persönliche Zusage ein größerer wirtschaft-licher Anspruch entstanden sei. Doch der BGH sah das anders: Eine mündliche Garantie zählt bei der Berechnung nicht mit - und sie ist in der Regel rechtlich nicht wirksam, weil solche Verpflichtungen schriftlich und klar formuliert sein müssen. Mit anderen Worten: eine spontane Zusage im Gespräch ist keine rechtlich bindende Garantie.

Was bedeutet das für die Praxis?

Klagezeitpunkt kann entscheidend sein. Wer als Vermieter klagen will, sollte prüfen, wann die Klage erhoben wird. Nur wenn der bereits aufgelaufene Betrag plus der dreieinhalbfache Jahresbetrag über 20.000 € liegt, ist der Weg zum BGH möglicherweise offen.

Mündliche Zusagen sind riskant. Eine „Garantie“, die nur im Gespräch gegeben wird, hat keinen rechtlichen Wert. Für eine verlässliche Absicherung sollten Vermieter auf schriftliche Vereinbarungen oder Bürgschaften setzen.

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