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Indexmieten

Indexmieten - Mehr Mythos als Problem

Im Kampf gegen steigende Mieten fordert Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) härteres Durchgreifen und verweist auch auf die zunehmende Verbreitung von Indexmietverträgen, die sie künftig stärker in den Blick nehmen will. Während Indexmieten in Zeiten niedriger Inflation politisch kein Thema waren, geraten sie nach Jahren spürbarer Preissteigerungen wieder ins Visier der Regulierungspolitik.

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht vor, Indexmieten in angespannten Wohnungsmärkten einer erweiterten Regulierung zu unterwerfen. Dabei wird politisch oft der Eindruck erweckt, Indexmieten seien weit verbreitet und ein wesentlicher Treiber für steigende Wohnkosten. Doch der Blick auf die Fakten zeigt, dass diese Wahrnehmung der Realität nicht standhält.

Wertsicherung statt Gewinnmaximierung
Rechtlich ist die Indexmiete ein Instrument der Wertsicherung und kein Automatismus zur Mieterhöhung. Laut § 557b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann die Miete frühestens nach einem Jahr angepasst werden – und zwar nur dann, wenn die Änderung in Textform erklärt und rechnerisch nachvollzogen wird. Die Anpassung tritt frühestens mit Beginn des übernächsten Monats in Kraft. Anders als bei Staffelmietverträgen gibt es keinen automatischen Mechanismus.

Randerscheinung statt Marktstandard
Auch in der Praxis zeigt sich, dass Indexmieten ein Randphänomen sind. Laut einer aktuellen Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) liegt ihr Anteil bundesweit bei lediglich 2,6 Prozent aller Mietverhältnisse. In den sieben größten Städten steigt der Anteil auf 4,1 Prozent und bei Neubauten (ab 2014) auf 9 Prozent. Auch unter privaten Vermietern – die etwa zwei Drittel aller Mietwohnungen stellen – liegt der Anteil bei nur 7 Prozent, wie eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeigt. Die Vermieterbefragung 2025 von Haus & Grund bestätigt dieses Bild. Demnach nutzen nur 9,6 Prozent der befragten Mitglieder Indexmieten.

Kein Automatismus – Vermieter handeln maßvoll
Die Sorge, Indexmieten würden zu stetig steigenden Mieten führen, lässt sich auch mit Blick auf das tatsächliche Verhalten privater Vermieter nicht belegen. Eine Sonderauswertung der Vermieterbefragung unter jenen, die ausschließlich Indexmietverträge nutzen, zeigt, dass 30,9 Prozent ihre Miete nur alle drei bis fünf Jahre anpassen. 28,5 Prozent verzichten sogar über längere Zeiträume vollständig auf eine Anpassung. Weitere 10,8 Prozent geben an, aus Rücksicht auf langjährige Mieter nicht zu erhöhen. Nur rund 14 Prozent nehmen regelmäßige Anpassungen entsprechend der Inflationsentwicklung vor. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der gesetzlich zulässige Handlungsspielraum wird von vielen Vermietern freiwillig unterschritten. Die politisch unterstellte Dynamik existiert in der Praxis nicht.

Forschung warnt vor gut gemeinter Regulierung
Umso bemerkenswerter ist, dass dennoch eine Verschärfung diskutiert wird. Eine umfassende Metastudie, die mehr als 100 internationale empirische Studien zur Wirkung von Mietpreisregulierung auswertet, zeigt, wohin solche Eingriffe führen können. In der großen Mehrheit der Studien überwiegen die negativen Effekte – insbesondere auf Neubau, Investitionsbereitschaft, Instandhaltung und Wohnqualität. Mietregulierung, so das Fazit, wirkt häufig langfristig marktverzerrend und erzeugt mehr Schaden als Nutzen.

Blick nach Österreich: Ein warnendes Gedankenspiel
Noch hat die Bundesregierung kein konkretes Regulierungskonzept vorgelegt. Doch der Blick nach

Österreich zeigt, wohin die Reise führen könnte. Dort soll ab 2026 eine gesetzliche Bremse für Indexmieten eingeführt werden. Übersteigt die jährliche Inflation 3 Prozent, darf nur die Hälfte des übersteigenden Werts auf die Miete umgelegt werden. Bei 6 Prozent Inflation wäre künftig also nur ein Mietanstieg von 4,5 Prozent erlaubt. Noch handelt es sich um ein österreichisches Modell, nicht um deutsche Gesetzgebung. Aber es ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Forderungen auch hierzulande aufgegriffen werden.

Dabei wäre gerade eine solche Regelung ein klassisches Beispiel für eine Maßnahme, die ihr Ziel verfehlt. Denn eine Deckelung der Indexanpassung bedeutet in der Praxis, dass Vermieter ermutigt werden, künftig möglichst regelmäßig und frühzeitig anzupassen. Die politische Absicht, übermäßige Mietsteigerungen zu begrenzen, könnte damit ins Gegenteil umschlagen. Zudem würden sich bei breiterer Anwendung der Indexmiete unerwünschte Rückkopplungseffekte auf den Verbraucherpreisindex (VPI) ergeben – denn die Mieten fließen in die Berechnung des VPI ein. Höhere Mieten führen also zu einem steigenden Index, der wiederum höhere Indexanpassungen auslöst. Ein solches Szenario ist derzeit jedoch rein hypothetisch. Aufgrund des weiterhin sehr geringen Marktanteils von Indexmieten sind diese Effekte aktuell nicht relevant.

Wären Indexmieten aber tatsächlich so weit verbreitet, wie dies in der politischen Debatte oftmals suggeriert wird, dann wären die Folgen einer Regulierung dieser Art gravierend. Eine Maßnahme, die angeblich preisdämpfend wirken soll, hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit den genau gegenteiligen Effekt – und würde die Teuerung im Mietwohnungsmarkt sogar noch verstärken.

Weniger Symbolpolitik, mehr Sachverstand
Die politische Debatte zur Indexmiete ist damit ein Paradebeispiel für symbolische Regulierung. Ein Instrument, das selten genutzt, rechtlich klar geregelt und in der Praxis maßvoll angewendet wird, soll verschärft werden – mit möglichen negativen Nebenwirkungen für Markt und Mieter. Notwendig wäre das nicht. Die Indexmiete hat sich als flexibles und gerechtes Mittel zur langfristigen Wertsicherung bewährt. Sie verdient Vertrauen, nicht Misstrauen.

Jakob Grimm
Referent Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik

Quelle: Haus&Grund Deutschland, Manuskriptdienst 2025 11 PW02