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Mietvertrag zur Flüchtlingsunterbringung ist Geschäftsraummiete

Falsche Bezeichnung als "Wohnraummietvertrag" ist unerheblich

Der Fall:
Eine Stadt mietete mit einem als "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Formularvertrag vom 26. Januar 2016 ein Wohnhaus, in dem sie beabsichtigte, bis zu 14 Personen unterzubringen, die ihr als Flüchtlinge zugewiesen werden. Die Parteien stritten später um die Wirksamkeit einer zugleich vereinbarten Kündigungsausschlussklausel, mit der das Recht zur ordentlichen Kündigung für beide Vertragsparteien für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen wurde. Die Stadt machte als Mieterin geltend, dass es sich um einen Wohnraummietvertrag handele und der Kündigungsausschluss wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sei. Sie habe das Mietverhältnis wirksam gekündigt und sei nicht mehr zur Zahlung der Miete verpflichtet.

Das Problem:
Der Bundesgerichtshof hat in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass in einem Formularwohnraummietvertrag die ordentliche Kündigung für maximal 48 Monate ausgeschlossen werden könne. Hätte es sich vorliegend also um einen Wohnraummietvertrag gehandelt, wäre die Regelung insoweit unwirksam gewesen und die Stadt wäre zu einer ordentlichen Kündigung mit der gesetzlichen Frist (drei Monate) berechtigt gewesen.

Das Urteil:
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte in seinem Urteil klar, dass es sich vorliegend nicht um ein Wohnraummietverhältnis handele. Die Stadt habe das Haus angemietet, um dort den Wohnbedarf der ihr zugewiesenen Flüchtlinge zu decken. Der Zweck des Mietverhältnisses habe somit nicht darin bestanden, das Haus selbst (!) zu Wohnzwecken zu nutzen. Im Übrigen könne eine juristische Person schon begrifflich gar keinen Wohnbedarf haben. Der Vertragszweck habe sich vielmehr darauf bezogen, die angemieteten Räumen zugewiesenen Flüchtlingen zu Wohnzwecken zu überlassen. Außerhalb von Wohnraummietverhältnissen bestünden darüber hinaus keine Bedenken, einen Kündigungsausschluss auf die Dauer von 60 Monaten zu vereinbaren, weil das Mobilitätsinteresse (anders daher bei Wohnraummietern) hier keine Rolle spiele.

Das sagt Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg dazu:
Der BGH setzt seine bisherige Rechtsprechung fort. Hiernach ist für die Frage, ob es sich um einen Wohnraum- oder einen Geschäftsraummietvertrag handelt, allein der Vertragszweck maßgeblich. Da juristische Personen selbst nicht "wohnen" können, kann mit einer Stadt oder Gemeinde, aber auch mit einer GmbH oder einem Verein kein Wohnraummietvertrag geschlossen werden.

BGH, Urteil vom 23.10.2019, AZ: XII ZR 125/18

 "a) Ein Mietvertrag, den eine Gemeinde abgeschlossen hat, um in dem Mietobjekt ihr zugewiesene Flüchtlinge unterbringen zu können, ist unbeschadet seiner Bezeichnung kein Wohnraummietvertrag iSv § 549 Abs. 1 BGB (Fortführung von BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772).
b) Eine in diesem Vertrag enthaltene formularmäßige Klausel, mit der für beide Mietvertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dau-er von 60 Monaten ausgeschlossen wird, ist nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam."

 

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