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LG Berlin: Auch Cousinen gelten als Familienmitglieder

Urteil v. 19.10.2023 - Az.: 67 S 119/23

In der vorliegenden Entscheidung hat die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen, zugunsten eines Mitgesellschafters der Klägerin und seiner Ehefrau. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche das streitgegenständliche Gebäude im Jahr 2013 erworben hat. Die Wohnungen wurden im Anschluss in Eigentumswohnungen umgewandelt. Die Gesellschaft bestand zunächst aus zwei Gesellschaftern, zwei Cousins. Nach dem Ableben des einen Herrn wurden dessen drei Kinder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Gesellschafter. Die ordentliche Kündigung wurde 2021 ausgesprochen wegen Eigenbedarfs zugunsten eines Gesellschafters.

Bei der Wohnungsumwandlung in Eigentumswohnungen gelten Kündigungsbeschränkungen gem. § 577 BGB bei der erstmaligen Veräußerung. Im vorliegenden Fall war daher fraglich, ob die ausgesprochene Kündigung durch die Sperrfrist unwirksam war.

Die Klägerin geht von einer Wirksamkeit der Kündigung aus, da die ursprünglichen Gesellschafter derselben Familie angehörten. Die Beklagten war der Ansicht, dass ein Cousin nicht zur „Familie“ in diesem Sinne gehört und die gesetzliche Kündigungssperrfrist gem. § 577a Abs. 1a BGB greift.

Nach Ansicht des Berufungsgerichtes ist die Eigenbedarfskündigung wirksam. Es mangelnd nicht an einer Kündigungsbefugnis der Klägerin, selbst wenn die streitgegenständliche Wohnung nach der Überlassung an die Beklagte an die Klägerin als Personengesellschaft veräußert worden sei. Denn die gesetzliche Kündigungssperre greift nicht, wenn die Gesellschafter oder Erwerber derselben Familie oder demselben Haushalt angehören. Cousinen auszunehmen sei nach Ansicht des LG Berlin zu restriktiv. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Familie“ sei nach dem Willen des Gesetzgebers nach der bereits ergangenen Rechtsprechung zu § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu bestimmen. Danach sind Cousins zumindest bei einer hinreichenden Bindung zum Vermieter vom Anwendungsbereich erfasst. Der Familienbegriff sei nicht auf Familienmitglieder beschränkt, denen aus persönlichen Gründen ein strafrechtliches Zeugnisverweigerungsrecht zustehe. Ein strafrechtliches Zeugnisverweigerungsrecht steht nämlich nur der Verlobten, Ehegatten bzw. Lebenspartner oder Verwandten in gerader Linie oder Verschwägerten zu. So hat der BGH im Jahr 2009 entschieden, dass eine Eigenbedarfskündigung zugunsten des Schwagers zumindest dann begründet ist, wenn ein besonders enger Kontakt zu ihm besteht. Daher muss bei entfernten Verwandten eine persönliche Verbundenheit bestehen.

13.12.2023