Direkt zum Inhalt

BGH: Sind Beleidigungen unter Wohnungseigentümern WEG-Sache?

In diesem Fall hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob Beleidigungen unter Wohnungseigentümern wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten im Sinne des § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG sind oder nicht.

Zum Sachverhalt:

Die Parteien des Rechtsstreits, der Kläger sowie der Beklagte, bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Zwischen ihnen kam es in der Vergangenheit schon öfter, auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, in denen es hauptsächlich um wohnungseigentumsrechtliche Angelegenheiten ging. In einer dieser Auseinandersetzungen kam es im Jahr 2018 zu einem Wortwechsel, bei dem der Beklagte den Kläger beleidigte.

Mit einem anwaltlichen Schreiben mahnte der Kläger den Beklagten ab, woraufhin dieser eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger nun einen Ausgleich der Abmahnkosten sowie die Unterlassung einer Behauptung.

Das Amtsgericht hatte den Beklagten zur Zahlung von 147,56 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Landgericht dem Kläger weitere 8,61 Euro (Zustellungskosten) zugesprochen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision.

Der BGH kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es sich bei der streitgegenständlichen Beleidigung um keine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit handle. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn eine solche Äußerung in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde. Dies gelte unabhängig von Inhalt und Anlass der Äußerung.

So sei allein der Umstand maßgeblich, ob das von einem Wohnungseigentümer (oder ihm gleichstehenden Personen) in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffende Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit stehe, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachse.

Es sei unerheblich, dass sich die verbale Auseinandersetzung der Parteien an der – wohnungseigentumsrechtlich zu beantwortenden – Frage der Erfüllung von Reinigungspflichten entzündet habe.

Eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit ist, so der BGH, nicht allein deshalb zu bejahen, weil es sich bei den Parteien um Wohnungseigentümer bzw. ihnen gleichgestellte Personen handele. Würden sich Wohnungseigentümer über die Zulässigkeit von Äußerungen streiten, würden sie sich wie Dritte gegenübertreten, ohne dass ein innerer Zusammenhang mit einer Angelegenheit stehe, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen sei. Dass sich der Streit daran entzündet habe, dass die Wohnungseigentümer in einer die GdWE betreffenden Frage unterschiedlicher Auffassung seien, sei nur der Anlass für die Äußerung. Deren Zulässigkeit richte sich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Spezifisch wohnungseigentumsrechtlichen Sachverstands bedürfe es für die gerichtliche Entscheidung in aller Regel nicht. Im Vordergrund stehe vielmehr die äußerungsrechtliche Beurteilung.

Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn es um die Zulässigkeit von Äußerungen gehe, die in einer Eigentümerversammlung gefallen seien. Eine solche Rechtsstreitigkeit weise eine spezifische, unmittelbare wohnungseigentumsrechtliche Komponente auf, die über die durch das allgemeine Zivilrecht geregelten Rechtsbeziehungen hinausgehe.

11.12.2023