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Berlin

Ortsübliche Vergleichsmiete

Berlin, November 2019

Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung zum „Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete“ im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags am 13. November 2019

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Mehrfamilienhaus

Zum Entwurf des Gesetzes zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete

Einleitung

Haus & Grund Deutschland lehnt die vorgeschlagene Mietpreisregulierung ab.

Mit dem Gesetzesentwurf soll der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre ausgeweitet werden. Hierdurch soll verhindert werden, dass die ortsübliche Vergleichsmiete stark steigt.Dies stellt eine weitere von einer ganzen Reihe von Mietenregulierungen in den vergangenen Jahren dar. Die Häufigkeit der gesetzlichen Eingriffe in das Mietrecht innerhalb der letzten Jahre ist ein Novum. Noch nie wurde das Mietrecht innerhalb so kurzer Zeit so oft geändert. Allein dies zeugt von einer Planungslosigkeit der Politik im Bereich des Mietrechts, die erschreckend ist. Inakzeptabel ist hierbei besonders, dass gar nicht abgewartet und evaluiert wird, ob und wie sich eine Regelung auf die Wohnungsmärkte auswirkt, bevor eine neue Regulierung auf den Weg gebracht wird.

Begründet wird dieser erneute Eingriff damit, dass in den vergangenen zehn Jahren in Ballungszentren die anhaltend hohe Nachfrage nach Mietwohnungen zu einem extrem hohen Anstieg der Angebotsmieten führte. Dies soll zu erheblichen Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete in den Ballungszentren geführt haben, die deutlich über den Entwicklungen des Verbraucherpreisindexes lagen.

Schon der Bezug auf Angebotsmieten ist aber schlicht falsch. Denn die vom Gesetzesentwurf auf Basis des BBSR angeführten Modellrechnungen widersprechen der Realität und sind daher ungeeignet, eine weitere Mietpreisregulierung zu begründen. Denn sie basieren laut ihren eigenen FAQ nur auf Angebotsmieten aus Online-Plattformen. Angebotsmieten auf Online-Plattformen bilden wiederum nur einen höherpreisigen Teilmarkt ab, da Wohnungsgenossenschaften über Wartelisten und eigene Bewerbungsmechanismen, öffentliche und große private Wohnungsunternehmen vornehmlich über eigene Angebotsseiten und private Vermieteroftmals über Freunde und Bekannte einen Mieter suchen. Gerade letztere Mietverhältnisse und deren Neuvertragsmieten liegen regelmäßig deutlich unterhalb der Angebotsmiete.

Darüber hinaus widerlegen zahlreiche aktuelle Studien die Behauptung, dass Angebotsmieten in Ballungszentren bzw. deutschlandweit weiter steigen. Tatsächlich stagnieren bzw. sinken die Angebotsmieten vielmehr seit dem ersten Quartal dieses Jahres. Und dies gilt sowohl bundesweit als auch für den Sonderfall Berlin.

Die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete zeigt hingegen selbst für Ballungszentren mit Wohnraummangel, dass der Mietanstieg lediglich einzelne Mietsegmente betrifft und zugleich durch die Inflation bzw. das gestiegene Haushaltseinkommen ausgeglichen wird. Vergleicht man für den angespannten Wohnungsmarkt von Berlin die Mieten der letzten beiden Mietspiegel und setzt den sich daraus ergebenden „Mietanstieg“ in ein Verhältnis zur Inflationsrate bzw. zum Haushaltseinkommen, stagniert und sinkt in weiten Teilen die ortsübliche Vergleichsmiete (DAS GRUNDEIGENTUM Nr. 10/2019, S. 650, DAS GRUNDEIGENTUM Nr. 18/2019, S. 1162).

Zwar wird in der Gesetzesbegründung das Problem richtig erkannt: In den Ballungszentren gab es in den vergangenen Jahren eine anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum. Die vorgeschlagene vermeintliche Lösung ist aber offensichtlich ein Irrweg. Zum einen zielt sie nicht auf die Ballungszentren ab, sondern stellt einen bundesweit geltenden Eingriff in das Mietrecht dar, unabhängig davon, ob der jeweilige Wohnungsmarkt angespannt oder entspannt ist. Zudem kann eine hohe Nachfrage nie durch eine gesetzlich vorgegebene Absenkung des Preises befriedigt werden. Vielmehr vergrößert eine Preissenkung die Nachfrage weiter. Einer hohen Nachfrage kann nur mit einem entsprechend großen Angebot begegnet werden. Für die angespannten Wohnungsmärkte bedeutet dies, dass gezielt dort mehr Wohnraum geschaffen werden muss. Hier hat die Politik auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene in den letzten Jahren aber versagt und die Entwicklungen am Wohnungsmarkt verschlafen. Um hier von dem eigenen Versagen abzulenken, werden nun schon seit Jahren immer weitere Mietpreisregulierungen eingeführt, ohne dass sich die Verhältnisse bessern und der Nachfrageüberschuss sinkt. Dies ist aber auch nicht verwunderlich. Schließlich befördern Mietregulierungen nicht den Neubau, sondern verhindern diesen langfristig.

Durch die geplante flächendeckende Mietpreisregulierung im Wege eines verlängerten Betrachtungszeitraums wird der deutsche Mietmarkt hingegen in seiner Diversität, einem vergleichsweise hohen Wohnstandard und seiner Balance zwischen Mietwohnungen und Wohneigentum geschwächt. Denn langfristig wird diese Überregulierung des Mietmarktes dazu führen, dass sich die schwächste Vermietergruppe aus dem Wohnungsmarkt zurückzieht. 66 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland werden von privaten Kleinvermietern angeboten. Im Gegensatz zu den renditeorientierten Wohnungsunternehmen versuchen private Vermieter nicht, ihre Gewinne zu maximieren. Mit ihren zumeist vergleichsweise moderaten Mieten haben sie eine dämpfende Wirkung auf den Wohnungsmärkten (vgl. „WISTA -  Wirtschaft und Statistik“, 5/2019 S.96).

Die zunehmende Regulierung und Bürokratisierung der Vermietung sowie die generelle  politische Stimmungsmache gegen Vermieter sorgen aber schon jetzt dafür, dass private Vermieter sich aus der Vermietung verabschieden. Diese Entwicklung wird sich mit jedem weiteren Eingriff  in das Mietrecht verstärken. Private Vermieter werden ihre Wohnungen lieber leerstehen lassen oder möglichst gewinnbringend verkaufen, statt weiter anderen Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die Wohnungen werden voraussichtlich primär von Großinvestoren erworben werden, deren einziges Ziel eine Renditemaximierung ist. Sollte diese Maximierung nicht durch höhere Mieten realisiert werden können, werden die Kosten reduziert werden. Investitionen in bestehende Wohnungen werden soweit wie möglich reduziert werden. In der Folge werden alle Mieter versuchen, Eigenheime zu erwerben, statt in heruntergekommenen Mietwohnungen zu wohnen. Die Gefahreiner Immobilienblase mit den bereits aus den USA bekannten Folgen wird steigen. Schließlich werden nur noch die Menschen, die den Erwerb eines Eigenheims nicht finanzieren können, gezwungen sein, sanierungsbedürftige Wohnungen anzumieten. Langfristig werden also am meisten die finanzschwachen Haushalte unter der aktuellen Mietenpolitik leiden, indem der ihnen zur Verfügung stehende Wohnraum qualitativ schlecht sein wird. Sehenden Auges zerstört die Politik also die in der Vergangenheit funktionierenden Wohnungsmärkte und wird damit langfristig insbesondere den Mietern schaden, die sie vermeintlich schützen will.

Statt weitere Mietenregulierungen einzuführen, sollte für einzelne Mietergruppen, die nicht am bundesweit gestiegenen Haushaltseinkommen teilhaben, über das Wohngeld eine zielgenaue Förderung stattfinden. Damit bleibt auch für sie der in einzelnen Segmenten gestiegene Mietpreis bezahlbar.

Besondere Benachteiligung privater Vermieter

Private Vermieter sind durch die geplante Ausweitung des Betrachtungszeitraums in einem besonderen Maße betroffen. Sie müssen mit der Miete ihre alltägliche Kaufkraft im Rahmen der Altersvorsorge, die laufenden Aufwendungen der Instandhaltung, diverse Bewirtschaftungskosten, gesetzlich verpflichtende Modernisierun-gen sowie die laufende Kreditfinanzierung mit Zins und Tilgung bestreiten.

Die Kalkulation privater Vermieter weicht für sämtliche dieser Positionen deutlich von derer großer Wohnungsunternehmen ab. Sie sind daher in einem besonderen Maße darauf angewiesen, die vertragliche Miete anpassen zu können. Denn die Kaufkraft der Miete, mit welcher Vermieter sämtliche Kostenpositionen und zugleich ihre Altersvorsorge decken, nimmt stetig und zugleich in einem erheblichen Umfang ab.

Zum einen stieg die Inflation innerhalb der letzten 10 Jahre um insgesamt 12,2 Prozent und beträgt seit 2009 jährlich im Schnitt 1,22 Prozent. Vergleicht man für den angespannten Berliner Wohnungsmarkt die Inflationsrate mit der Mietpreisentwicklung, die sich aus den letzten beiden Mietspiegeln ergibt, weisen zahlreiche Mietsegmente eine stagnierende und sinkende ortsübliche Vergleichsmiete aus (DAS GRUNDEIGENTEIM Nr.10/2019, S. 650). Darüber hinaus haben sich die vom Vermieter zu tragenden Bau- und Instandsetzungskosten im Laufe eines zehnjährigen Mietverhältnisses um rund 23 Prozent und die Instandsetzungskosten sogarum ca. 27 Prozent erhöht. Dieser Nachteil trifft private Vermieter in besonderem Maße, weil sie in den Verhandlungen mit Baufirmen nicht annähernd die Preise eingeräumt erhalten, die großen Wohnungsunternehmen mit einem erhöhten Bau- und Instandsetzungsvolumen angeboten werden. Um der Instandhaltungspflicht des Vermieters gerecht zu werden, die sich für das Äquivalenzverhältnis preislich im Minderungsrecht ausdrückt, stehen mithin für Einzeleigentümer erheblich gestiegene Kosten gegenüber.

Ferner weisen die Immobiliarkredite privater Vermieter regelmäßig dreißigjährige Laufzeiten auf, in denen während des Zeitraums der Abschnittfinanzierung der Sollzins fest ist. Die hohen Zinssätze der Vergangenheit werden von privaten Vermietern daher trotz des derzeitigen Niedrigzinsniveaus vielfach weiterhin gezahlt. Dabei sind die privaten Kleinvermietern eingeräumten Zinssätze zudem deutlich höher als es die von Finanzinvestoren oder Genossenschaften sind, weil sie Skaleneffekte für sich in der Finanzierung nutzen. Denn je größer das Kreditvolumen, desto geringer ist regelmäßig der Zinssatz. Auch die Kosten der vielfach nicht zuletzt aus Klimaschutzgründen erforderlichen und zugleich verpflichtenden Modernisierungen tragen private Vermieter regelmäßig kreditfinanziert und damit risikobehaftet für das Haushaltseinkommen. Gerade für die von privaten Vermietern überwiegend geführten langjährigen Mietverhältnisse kann daher konstatiert werden, dass die hohen Finanzierungskosten älterer Immobiliarkredite, die zugleich immens gestiegene Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten sowie Kosten des alltäglichen Lebensbedarfs die Altersvorsoge gleichsam „auffressen“. Dies betrifft vor allem den überwiegenden Anteil der privaten Kleinvermieter, die 65 bis 74-Jährigen (SOEP 2015, IW Köln). 

Verfassungsrechtliche Bedenken im Übrigen

Die ortsübliche Vergleichsmiete bildet den Ansatzpunkt sowohl für den Abschluss von Neuverträgen im Rahmen der Regelungen zur Mietpreisbremse als auch für die Ermittlung des angemessenen Preises in Bestandsmietverhältnissen. Die ortsübliche Vergleichsmiete soll als marktorientierte modifizierte Durchschnittsmiete einerseits die aktuelle Mietpreisentwicklung abbilden und andererseits zugleich einen etwaigen Mietanstieg begrenzen.

Eine solche Mietpreisregulierung muss mit dem Grundgesetz vereinbar sein. Das Bundesverfassungsgerichthat zuletzt mit Beschluss vom 18. Juli 2019 (1 BvR 1595/18) deutlich die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Mietpreisregulierung abgesteckt. Denn jede Mietpreisregulierung stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG dar und im Falle der privaten Vermietung schützt Art. 14 GG auch die persönliche Freiheit, durch mietvertragliche Überlassung der Wohnung an Dritte den eigenen Lebensunterhalt als Altersvorsorge zu erwirtschaften. Dabei müssen die wirtschaftlichen Folgen, die mit einer Mietpreisregulierung verbunden sind, den Vermietern noch zumutbar sein, damit das Gesetz im engeren Sinne verhältnismäßig ist. Die absolute Eingriffsgrenze für jede Mietpreisregulierung ist jedenfalls dann erreicht, wenn die Auswirkungen der mietpreisdämpfenden Regelungen zu einer „Substanzgefahr der Mietsache“ oder gar zu einem „dauerhaften Verlust für den Vermieter“ führen. Die Vermietung und Verpachtung von Wohnraum darf also auch bei vollständiger Ausschöpfung des Mietrechts im Ergebnis nicht unrentabel werden (Quelle: BVerfG Beschluss vom 4. Dezember 1985, 1 BvL 23/84, NJW 1986, 1669 ff.).

Geschützt ist aber auch die Ertragsfähigkeit, mithin die Eignung, Überschüsse zu erzielen. Gerade für private Vermieter, die ihre Altersvorsorge mit vermieteten Immobilien bestreiten, muss es möglich bleiben, hierdurch einen am Markt orientierten Ertrag zu erwirtschaften. Als Ausgleich für das Verbot der Änderungskündigung muss eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete sowohl aus Gründen einer Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Wohneigentums als auch zur Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung möglich sein (BT-Drs. 7/2011, Seite 7 f.). Die ortsübliche Vergleichsmiete soll die auf dem Markt aktuell erzielbaren Mieten widerspiegeln (BT-Drs. 8/2610 S. 6). Bereits nach der gegenwärtigen Rechtslage wird dieses Ziel nicht erreicht. Denn insbesondere die Einführung der Mietpreisbremse hat dazu geführt, dass Neuvertragsmieten sich nicht an den am Markt erzielbaren Mieten orientieren können, sondern selbst an der ortsüblichen Vergleichsmiete gemessen werden. Sie wird im Geltungsgebiet der Mietpreisbremse nur noch durch die Mieten aus Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete bzw. bis zur Kappungsgrenze, Modernisierungsmieterhöhungensowie den auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Neuvertragsmieten gebildet. Insofern wurde ihr der bis dato einzig verbliebene Faktor mit Marktbezug entzogen. Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte wie Preissteigerungen werden damit nicht mehr berücksichtigt, denn der Gesetzgeber gibt einen pauschalen Aufschlag in Höhe von zehn Prozent vor. Das System der ortsüblichen Vergleichsmiete ist nunmehr zirkulär, da sie sich sowohl im Falle der Mieterhöhung im laufenden Mietvertrag als auch bei der Neuvermietung im Geltungsbereich der Mietpreisbremse immer wieder auf sich selbst bezieht. Diese Mieten bilden anschließend die neue ortsübliche Vergleichsmiete. Je länger die Mietpreisbremse gilt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Vermietung dauerhaft zu Verlusten führt, was die Verfassungswidrigkeit zurFolge hat. Während gewerbliche Wohnungsunternehmen Skaleneffekte bei den Kosten der Finanzierung,dem Bau, der laufenden Bewirtschaftung (durch die Verwaltung und Rechtsberatung) sowie in der Instandhaltung gewinnerhöhend erzielen, ist für private Vermieter die Bestandsgarantie der Eigentumsfreiheit weitaus schneller gefährdet und Verluste sind von ihnen zu tragen.

Mit den aktuellen Gesetzesvorhaben zur Verlängerung der Mietpreisbremse sowie der vorliegenden Ausweitung des Betrachtungszeitraums verkürzt sich nochmals der Zeitraum, in dem die Verluste erreicht werden. Ferner werden auch die letzten Eckpfeiler eines Marktbezugs gekappt.

Lösungsvorschlag zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit

Dem mit dem Gesetzesvorschlag verfolgten Ziel, in vereinzelten Kommunen vermeintlich starken Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete Einhalt zu gebieten, wird bereits durch die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze Rechnung getragen. Soll die Ausweitung des Betrachtungszeitraums nun den Mietanstieg begrenzen, wird damit ein dem Rechtsinstitut der ortsüblichen Vergleichsmiete rechtsfremdes politisches Ziel verfolgt. Will man trotz dessen eine Begrenzung des lokalen Mietanstiegs systemfremd über eine Ausweitung des Betrachtungszeitraums auf sechs Jahre erreichen, müsste dies auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf jene Gebiete beschränkt sein, in denen ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt, der einen konkret zu beziffernden Mietanstieg aufweist.

Die Gemeinden könnten für diese Gebiete ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren eine Ausweitung des Betrachtungszeitraums zu bestimmen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • In der Gemeinde ist die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb der letzten vier Jahre um mehr als 15 Prozent gestiegen und
  • die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird oder geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Die Verordnung ist zu begründen. Aus der Begründung muss sich ergeben, aufgrund welcher Tatsachen angenommen wird, dass im Einzelfall ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt vorliegt. Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Gemeinde in welchem Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen.Des Weiteren müssten die Gemeinden verpflichtet werden, bei der Erstellung eines Mietspiegels zu dokumen-tieren, wie sich die ortsübliche Vergleichsmiete im Vergleich zum Vormietspiegel verändert hat.

Erfüllungsaufwand und Folgenabschätzung

Die vom Gesetzesentwurf geplante Ausweitung des Betrachtungszeitraums führt zu einer zunehmenden Entkopplung der ortsüblichen Vergleichsmiete vom Markt. Die Verlängerung des Betrachtungszeitraums führt zum Konservieren bisheriger Mietpreise. Mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums werden die Mietentwicklungen sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt. Die Ausweitung stellt daher einen weiteren Schritt zur gesetzlich festgeschriebenen Miethöhe dar.

Für sämtliche Beteiligten wächst das Gefühl der zunehmenden Diskrepanz zwischen den wahrgenommenen Verhältnissen am Mietmarkt und deren Darstellung über die ortsübliche Vergleichsmiete im Mietspiegel. Damit entfällt die befriedende Wirkung eines Mietspiegels, dieser wird nicht mehr akzeptiert. Von Seiten der beteiligten Interessenvertreter besteht damit auch die Gefahr, dass lokale Partnerschaften zur Mietspiegelerstellung – die bislang kooperativ zusammenarbeiteten – nunmehr aufgekündigt werden.

Diese Gefahr besteht insbesondere in Anbetracht der Übergangsregelung für einfache Mietspiegel. Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem vor, dass die Anpassung eines bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits einmal angepassten Mietspiegels nicht mehr möglich ist. Damit wird die Neuerstellung zahlreicher einfacher Mietspiegel erforderlich sein. Die Neuerstellung ist aber mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden, welcher mit einer Erhebung mietspiegelrelevanter Wohnungsdaten sowie deren Auswertung deutlich über die Mühen einer Anpassung hinausgeht. Für unsere über 900 Haus & Grund-Vereine können wir nicht vorhersagen, ob deren zeitliche und finanziellen Ressourcen jeweils ausreichen, um diesen erheblichen Zusatzaufwand „zu schultern“. Insofern wandte sich Haus & Grund Deutschland an insgesamt 352 Bürgermeister bundesweit und befragte sie dazu, ob sie finanzielle Mittel dafür bereithalten, wenn mit einem von vier auf sechs Jahre verlängerten Betrachtungszeitraum eine Neuerstellung der einfachen Mietspiegel erforderlich wird. Von den 167 Rückmeldungen und mithin einer Rücklaufquote von rund 50 Prozent sicherte der geringste Teil entsprechende Haushaltsmittel zu (10 %). 52 Prozent – und damit der überwiegende Anteil – der antwortenden Kommunen verneinte dies. Weitere 38 Prozent konnten diesbezüglich noch keine Entscheidung tref-fen, sodass auch für diese Gemeinden erhebliche Risiken mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums existieren. Damit steht zu befürchten, dass in zahlreichen – und allen voran klei   neren sowie finanzschwächeren – Kommunen künftig Mietspiegel wegbrechen und Mietern sowie Vermietern die Grundlage fehlen wird, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln.

Ferner geht der Gesetzesentwurf davon aus, dass die Ausweitung des Betrachtungszeitraums künftig zu geringeren Stichprobenausfällen und damit zu einer größeren, repräsentativen Stichprobenanzahl und geringen Kosten der empirischen Datenerhebung für die Erstellung eines Mietspiegels führt. Diese Annahme ist unzutreffend. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete müssen aus dem vierjährigen Betrachtungszeitraum die Neu- und geänderten Bestandsmieten einfließen und dies jeweils in einem „ausgewogenen Verhältnis“. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, dass zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete eine angemessene Mischung aus innerhalb des maßgeblichen Vierjahreszeitraums vereinbarten Neuvertragsmieten und geänderten Bestandsmieten zugrunde zu legen ist (zuletzt BGH, Urteil vom 24.04.2019 – Az. VIII ZR 82/18, ebenso Schmidt-Futterer-Börstinghaus, Mietrecht, 14. Auflage 2019, Rn. 138-144). Denn eine unausgewogen starke Berücksichtigung von Altmietverträgen drückt das Niveau der Vergleichsmiete „künstlich“ übermäßig unter das der aktuellen Marktmiete.

Es genügt daher keineswegs – wie der Gesetzesentwurf behauptet –, mehr Stichproben in die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete einbeziehen zu können. Ausschlaggebend bleibt stets das richtige Verhältnis dieser Daten. Denn das Ziel einer belastbaren statistischen Größe ist nicht, möglichst viele Werte in den Datensatz aufzunehmen, sondern genau die richtigen Werte zu nutzen. Dieses Ziel wird bei einer Ausdehnung des Bezugszeitraums schwieriger zu erreichen sein. Mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums auf weitere Jahre muss ein höherer Aufwand in der Erhebung betrieben werden. Zudem ist mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums eine komplexere Auswertung verbunden, um verzerrende Einflüsse zu vermeiden. So geht auch das Center for Real Estate Studies für eine Verlängerung des Bezugszeitraums von einem größeren Aufwand für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete aus (Center for Real Estate Studies, Anpassung des Bezugszeitraums zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von 4 auf 10 Jahre, Discussion Paper No. 8, S. 2 und 12). Entgegen der Prämisse des Gesetzesentwurfs wird damit die Erstellung eines Mietspiegels künftig nicht einfacher und kostengünstiger, sondern aufwendiger und teurer. Dieser erhöhte Erfüllungsaufwand betrifft sämtliche Stakeholder, die auf eine Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete angewiesen sind oder hierzu beitragen. Es trifft mithin die einen qualifizierten Mietspiegel finanzierenden Kommunen, die lokalen Interessenvertreter von Mietern und Vermietern bei einem einfachen Mietspiegel, aber auch die Sachverständigen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine betroffene Wohnung.Perspektivisch ist mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums somit von steigenden Kosten qualifizierter Mietspiegel und in Auftrag gegebener Sachverständigengutachten auszugehen. Dies steht diametral zu den lokalen Erfordernissen des Wohnungsmarktes. Bereits   gegenwärtig haben Mieter wie auch Vermieter es schwer, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Zahlreiche Kommunen besitzen nicht die Finanzstärke, um sich die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels leisten zu können. Die Kapazitäten lokaler Interessenvertreter, die sich gleichsam „ehrenamtlich“ an der Erstellung eines einfachen Mietspiegels beteiligen, sind ebenfalls ausgereizt. Auch hier kann der künftige Mehraufwand dazu führen, dass Mietspiegel wegbrechen.

Im Ergebnis werden von diesem Nachteil aber ausschließlich private Einzelvermieter betroffen sein, die insoweit benachteiligt sind. Nur sie sind auf lokale Mietspiegel angewiesen. Denn die mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums einzig verbleibende und praxistaugliche Variante, die ortsübliche Vergleichsmiete auf Basis dreier Vergleichswohnungen zu ermitteln, bleibt ihnen verwehrt. Anders als große Wohnungsunternehmen und Genossenschaften weisen private Vermieter keinen Wohnungsbestand auf, für welchen sie die Daten von drei Vergleichswohnungen per Knopfdruck erhalten. Auch die Ermittlung über ein Sachverständigengutachten ist keine denkbare Alternative. Bereits gegenwärtig sind Sachverständige schwer zu finden und zugleich für private Vermieter in der Gutachtenerstellung viel zu teuer, um anlässlich eines Mieterwechsels die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln.

Insofern beinhaltet die Intention des Gesetzgebers, die Kosten der Mietspiegelerstel lung zu reduzieren, im Ergebnis eine einseitige Benachteiligung privater Vermieter. Möchte der Gesetzgeber die Kosten der Mietspiegelerstellung reduzieren, sollten vielmehr kooperative Formen gefördert werden. Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt existie ren beispielsweise in Baden-Württemberg Initiativen, indem die Landesregierung benachbarte Gemeinden bei der Erstellung eines gemeinsamen Mietspiegels finanziell unterstützt.

Darüber hinaus darf § 5 WiStrG, der in Absatz 2 auf die üblichen Entgelte der letzten vier Jahre verweist, nicht entsprechend auf sechs Jahre ausgeweitet werden. Denn es existiert insoweit ein Rechtsvakuum. Für einen privaten Vermieter ist die ortsübliche Vergleichsmiete schwer zu ermitteln. Einen Anhaltspunkt können die lokalen Mietspiegel bilden, welche aber im Zuge der Novellierung schlicht die falsche ortsübliche Vergleichsmiete abbilden. Da also auf die Mietspiegel nicht zurückgegriffen werden kann, muss die Strafverfolgungsbehörde gerade in Anbetracht des für private Vermieter empfindlich hohen Bußgelds von bis zu 50.000 Euro und im Sinne der Einzelfallgerechtigkeit zur Feststellung des Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 5 WiStrG ohnehin auf ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der üblichen Entgelte zurückgreifen. Ein Gleichlauf von § 5 Abs. 2 WiStrG und § 558 Abs. 2 BGB-E ist daher nicht erforderlich.

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Zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Haus & Grund Deutschland lehnt die mit dem Antrag verfolgten mietrechtlichen Änderungen ab.

Der Antrag sieht vor, die Miethöhe für Bestandsmietverhältnisse auf die ortsübliche Vergleichsmiete und auf höchstens 3 Prozent im Jahr zu begrenzen. Die Einführung eines entsprechenden „Mietendeckels“ führt langfristig zu einem Einfrieren der Mieten. Ein Abbild des realen Mietmarktes ist im Bestand so nicht mehr möglich. Gleichzeitig wird der Anreiz, Wohnraum zu schaffen und instand zu halten genommen. Das Ziel, den Wohnungsmarkt zu entspannen, wird dadurch verfehlt.

Ferner sollen Vergleichswohnungen i. S. des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB künftig nur noch aus dem vermieterfremden Bestand heranziehbar sein. Dies lässt außer Acht, dass es sich hier lediglich um ein formales Erfordernis zur Begründung handelt. Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ergibt sich dessen ungeachtet aus den hohen Anforderungen des § 558 Abs. 2 BGB.

Im Hinblick auf die angedachte Ausweitung des Betrachtungszeitraums auf 20 Jahre verweisen wir auf die obigen Ausführungen zum Gesetzentwurf.

Des Weiteren sieht der Antrag vor, qualifizierte Mietspiegel auf eine gerichtsfeste Grundlage zu stellen sowie deren Erstellung für Gemeinden mit Wohnraummangel mittels einer finanziellen Förderung zu erleichtern.Qualifizierte Mietspiegel durch eine höhere Beweiskraft bei gerichtlichen Auseinandersetzungen stärken zu wollen, führt in die falsche Richtung. Vielmehr muss aus rechtsstaatlichen Erwägungen die gerichtliche Überprüfung weiterhin einschränkungslos und umfänglich möglich sein. Eine Erhöhung der Beweiskraft von qualifizierten Mietspiegeln ist angesichts oft fehlender Repräsentativit  ät der Datensätze, unterschiedlicher Erstellungsmethoden und Intransparenz der Erstellungsweise fragwürdig. Ferner basiert auch ein streng nach wissenschaftlichen Kriterien erstellter Mietspiegel auf Parametern, denen generalisierende Annahmen zugrunde liegen. Im Einzelfall können diese Annahmen aber vollkommen abwegig sein. Eine gesetzliche Vermutung, dass ein nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellter Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete korrekt wiedergibt, lehnt Haus & Grund daher ab. Im Übrigen befürworten wir die Stärkung einfacher Mietspiegel.