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Immobilienwertermittlungsverordnung

Immobilienwertermittlungsverordnung

Berlin, März 2021

Stellungnahme zum Entwurf der Immobilienwertermittlungsverordnung i.d. Fassung vom 1.2.2021

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Immobilienwertermittlungsverordnung

Vorausschicken möchten wir, dass sich an vielen Stellen des Entwurfs nach wie vor die fiskalische Motivation dieses Novellierungsvorhabens mit starker Tendenz zu Pauschalierungen von Wertparametern zulasten individueller Bewertung der Einzelimmobilie zeigt. Dadurch verstärkt sich der Eindruck, dass hiermit eigentlich eine Abschöpfung zumeist gar nicht realisierter Wertzuwächse im Immobilienbereich in einem massentauglichen Verfahren vorbereitet werden soll. Dies führt zu einer unzulässigen Sondervermögensteuer auf Immobilien. Die Sicherung der Altersvorsorge durch die eigene Immobilie wird damit vor allem in gefragten Lagen mit hohen Bodenpreisen noch weiter erschwert.

§ 4 sowie Anlagen 1 und 2 ImmowertV-E
(Alter, Gesamt- und Restnutzungsdauer)

Haus & Grund Deutschland begrüßt, dass in § 4 und in den Anlagen 1 und 2 die Vorgaben zur Restnutzungsdauer gelockert und für die Berücksichtigung individueller Besonderheiten geöffnet wurden, und zwar zum einen dadurch, dass

  • die Modellansätze zur Gesamtnutzungsdauer und das Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauer bei Wohngebäuden im Falle der Modernisierung nur bei Ermittlung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten zwingend anzuwenden sind

und zum anderen dadurch, dass

  • bei den Vorgaben zur Restnutzungsdauer nunmehr deutlicher betont wird, dass die Berücksichtigung individueller Besonderheiten stets Bestandteil der Ermittlung der Restnutzungsdauer ist.

Kritisch anzumerken ist allerdings weiterhin die Einschränkung und zu enge Festlegung der Restnutzungsdauer nach Anlage 1 und die Vorgabe einer Anwendung des Modells zur Anpassung der Restnutzungsdauer nach Anlage 2. Individuellen Gegebenheiten kann dadurch nicht ausreichend Rechnung getragen werden.

§ 7 Berücksichtigung der allgemeinen Wertverhältnisse

Ebenso begrüßt es Haus & Grund Deutschland, dass für den Fall, dass die allgemeinen Wertverhältnisse nach Absatz 1 nicht ausreichend berücksichtigt werden, zur Ermittlung des marktangepassten vorläufigen Verfahrenswerts eine Marktanpassung durch Zu- oder Abschläge nunmehr als erforderlich angesehen wird.

Nach wie vor kritisch sehen wir aber auch in der neuen Fassung des Entwurfs der Immobilienwertermittlung vom 1.2.2021 folgende Punkte:

§ 9 Eignung und Herkunft, Anpassung der Daten; ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse; Herkunft der Daten

Absatz 3 Satz 1 gibt zwar nun eindeutig vor, dass der Maßstab für die Wahl der Quelle, aus der die Daten her-angezogen werden, die Eignung der Daten im Sinne des Absatzes 1 ist. Nach Absatz 3 Satz 2 können neben oder anstelle der Daten der Gutachterausschüsse, Oberen Gutachterausschüsse und Zentralen Geschäftsstellen (vgl. § 198 BauGB) auch geeignete Kaufpreise und sonstige für die Wertermittlung erforderlichen Daten aus anderen Quellen herangezogen werden.

Für Bodenrichtwerte gilt dies allerdings nicht. Gerade die Ermittlung der Bodenrichtwerte wird aber im Hinblickauf das wertbezogene Bundesmodell für die Grundsteuer ab 2025 massive finanzielle Auswirkungen auf die Steuerlast der Bürger haben. Die Dichte und Qualität der Bodenrichtwertermittlung ist in Deutschland nach wievor sehr inhomogen ausgeprägt. Diesem Umstand müsste – zumindest für einen Übergangszeitraum – durch eine Öffnung für andere Quellen zur Ermittlung des Bodenwerts Rechnung getragen werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Einbeziehung möglicherweise spekulativer Grundstückstransaktionen in die Ermittlung von Bodenrichtwerten äußerst fragwürdig, zumindest für den Bereich der steuerlichen Wertermittlung. In diesem Zusammenhang ist auch generell die Verquickung von Besteuerungsgrundlagen mit der Methodik der Verkehrswertermittlung in einer Immobilienwertermittlungsverordnung zu kritisieren. Steuerlich motivierte Regelungen gehören inhaltlich und rechtssystematisch in das Bewertungsgesetz bzw. Richtlinien der Finanzverwaltung, schon aus Gründen der jeweils völlig unterschiedlichen Bewertungsziele.

§ 15 Bildung der Bodenrichtwertzonen

Zunächst begrüßt Haus & Grund Deutschland, dass die Vorgaben zu den Bodenrichtwerten und den sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten präziser gefasst und systematisiert wurden. Dies kann dazu beitragen, die aktuell bestehenden – unter § 9 des Entwurfs aufgeführten – Mängel der Bodenrichtwertermittlung zu beheben.

Nach wie vor zu kritisieren ist aber, dass im Zusammenhang mit der Novellierung der ImmoWertV bisher keine Regelung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit von Bodenrichtwerten in Angriff genommen wurde.

Die steuerliche Bewertung ist ein wesentlicher Treiber dieses Verordnungsentwurfs. Bei der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bedarfsbewertung kann der Steuerzahler zwar den Bodenrichtwert nicht gerichtlich angreifen. Er hat aber bei Erbschaft- und Schenkungsteuer wenigstens die Möglichkeit, einen insgesamt niedrigeren als den vom Finanzamt errechneten steuerlichen Wert durch ein Gutachten nachzuweisen. Aber selbst diese Möglichkeit ist ihm nach dem ab 2025 geltenden Bundesmodell für die Grundsteuer vollständig verschlossen. Dies widerspricht der Rechtsweggarantie des Artikels 19 Absatz 4 GG.

Zahlreiche Bundesländer, die für die ab 2025 neu zu berechnende Grundsteuer das Bundesmodell mit seiner automatischen Berücksichtigung des Bodenrichtwerts gewählt haben, sowie Baden-Württemberg, wo ausschließlich auf den Boden(richt)wert abgestellt wird, werden ihre Bürger hierdurch massiv überbelasten. Das Baden-Württemberg-Modell geht sogar so weit, keinerlei Anpassungen des Bodenrichtwerts an das individuelle Grundstück mehr vorzusehen: Es stellt komplett auf die 30-Prozent-Abweichungsregel des derzeitigen § 10 Absatz 3 ImmoWertVO (jetzt § 15 Absatz 3 ImmowertV-E) ab, der zufolge lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Grundstücken, für die der Bodenrichtwert gelten soll, und dem Bodenrichtwertgrundstück grund-sätzlich nicht mehr als 30 Prozent betragen dürfen. Wertunterschiede, die sich aus nicht mit dem Bodenrichtwertgrundstück übereinstimmenden Grundstücksmerkmalen einzelner Grundstücke ergeben, sind bei der Abgrenzung nicht zu berücksichtigen.

Gerade die Einordnung in eine zu hohe Bodenrichtwertzone aufgrund regen Grundstückshandels in der Nachbarschaft führt aber nach unseren Erfahrungen häufig zu massiven (steuerlichen) Überbewertungen.

Schließlich bedauert es Haus & Grund Deutschland, dass die Stellungnahmen von Ländern und kommunalen Spitzenverbänden nicht veröffentlicht und in der Auswertungsübersicht nicht berücksichtigt wurden, sodass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den fachlichen Argumenten der für die Grundsteuererhebung zuständigen Kommunen nicht möglich ist.

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