Direkt zum Inhalt
Bild
Hochwasser

Hochwasserschutz

Berlin, Mai 2021

Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung über die Raumordnung im Bund für einen länderübergreifenden Hochwasserschutz sowie deren Anlage

(Entwurf eines Raumordnungsplans) 

Bild
Hochwasser

Vorbemerkung

Haus & Grund Deutschland begrüßt es grundsätzlich, dass angesichts eines durch den Klimawandel bedingt größer werdenden Hochwasserrisikos der Hochwasserschutz in Deutschland mithilfe eines länderübergreifenden Raumordnungsplans verbessert werden soll. Folgendes bitten wir dabei im Interesse der Schaffung bzw. Erhaltung bezahlbaren Wohnraums im Zusammenhang mit der Implementierung des Bundesraumordnungs-plans Hochwasser (BRPH) dringend zu berücksichtigen:

Bauämter handlungsfähig erhalten

Die Umsetzung der Vorgaben aus dem Raumordnungsplan Hochwasserschutz wird die betroffenen Kommunen vor enorme personelle, fachliche und finanzielle Herausforderungen stellen. Dies wird auch den Personalaufwand der zuständigen Fachabteilungen, die mit Planfeststellungsverfahren, immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren und sonstigen Zulassungsverfahren befasst sind, noch weiter erhöhen. Es muss daher, gegebenenfalls durch zusätzliche Bundesmittel für strukturschwächere Regionen, sichergestellt werden, dass die sich aus dem Raumordnungsplan ergebenden neuen Anforderungen nicht zulasten der Arbeitsfähigkeit der Bau- und Umweltämter gehen.

Da der BRPH keine gebietsscharfen Festlegungen enthalten soll, ist es Aufgabe der Länder, die Festlegungen planerisch und gebietsscharf zu konkretisieren. Dies bringt somit auch für die betroffenen Länder mit ihrer sehr unterschiedlichen Finanzkraft besondere personelle und finanzielle Belastungen mit sich. Auch hier sollte der Bund in Anbetracht des im Verordnungsentwurf mit über 33 Millionen Euro bezifferten Erfüllungsaufwandes für Länder und Kommunen und eines jährlichen Folgeaufwandes von über 270.000 Euro dringend unterstützend tätig werden.

Bürger noch besser informieren

Zu Recht weist das Bundesministerium des Innern auf seinen Informationsseiten darauf hin, dass bestehende bauliche Anlagen, die im Einklang mit geltendem Recht errichtet wurden, auch hinsichtlich ihrer Nutzung grundsätzlich Bestandsschutz genießen. Haus & Grund Deutschland regt daher an, aktuelle Informationen zu den Anforderungen, die sich aus dem BRPH für Eigentümer bzw. Nutzer von Bestandsimmobilien in hochwassergefährdeten Regionen ergeben, zu entwickeln und den Kommunen sowie den Eigentümern direkt über geeignete Informationswege (Internet, Broschürenauslage in Ämtern etc.) zur Verfügung zu stellen.

Förderprogramme für Eigentümer stärken

Sowohl für Bestandsimmobilienhalter als auch für Bauherren betroffener Neubauvorhaben werden die Maßnahmen, die sich letztlich aus den Vorgaben des BRPH für die Bauleitplanung ergeben, zu deutlich erhöhten finanziellen Belastungen führen. Das Maß der Unterstützung durch Hochwasserschutzprogramme für betroffene Bestandsimmobilien und Neubauvorhaben darf dabei nicht von der Wirtschaftskraft des jeweiligen Bundeslandes abhängen. Hier muss der Bund unterstützen, gegebenenfalls durch das Aufsetzen spezifischer Förderprogramme z. B. durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Diese Programme sollten sich auf bauliche Maßnahmen zur Hochwasserschadensprävention richten und nicht, wie der Aktionsplan Hochwasser der KfW von 2013, erst dann greifen, wenn es um die Beseitigung schon entstandener Hochwasserschäden geht. Entsprechende Programme sollten sowohl Selbstnutzer als auch private Kleinvermieter mit einbeziehen.

Auch die Förderprogramme z. B. der Investitionsbanken der Länder sollten stärker auf die Prävention ausgerichtet werden. Die Förderung sollte als echte Zuschussförderung ausgestaltet sein und auch eine vorbeugende „Hochwasserschutz-Beratung“, ähnlich der bereits geförderten Energieberatung, umfassen. Nach Möglichkeit sollte auch in betroffenen Regionen auf kommunaler Ebene das Angebot kostenloser Hochwasserpräventions-Beratungen für Privateigentümer aufgebaut bzw. verstärkt werden.

Leistungen wie der „Hochwasser-Pass“, die derzeit kostenpflichtig durch Bausachverständige angeboten werden, sollten in stark betroffenen bzw. gefährdeten Regionen als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge zur Verfügung stehen.

Bereits vorhandene Informationen zusammenführen und zugänglich machen

Der Informationsaustausch zwischen Kommune, betroffenen Bürgern und Versicherungswirtschaft im Bereich Hochwasserprävention sollte weiter gestärkt werden, denn das liegt im Sinne aller Beteiligten. So stellt beispielsweise die Versicherungskammer Bayern den bei ihr versicherten Personen und Kommunen auf Wunsch ein Unwetter-Frühwarnsystem zur Verfügung. Entsprechendes sollte auf alle betroffenen Eigentümer, auch Nichtversicherte, bundesweit ausgeweitet werden.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die deutsche Versicherungswirtschaft im Jahre 2001, also bereits vor zwanzig Jahren, mit dem Aufbau eines Zonierungssystems für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) begonnen hat. Dieses Geoinformationssystem nutzt Überschwemmungsdaten der Wasserwirtschaftsämter und Hochwassergefahrenkarten. Die Daten von ZÜRS dienen als Grundlage für das Informationsportal Kompass Naturgefahren, mit dem sich Mieter, Hauseigentümer und Gewerbetreibende online über lokale Hochwassergefährdungen sowie Starkregen-, Blitzschlag-, Sturm- und Erdbebenrisiken infor-mieren können. Dieses Portal war Anfang Mai 2019 für die Bundesländer Sachsen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin freigeschaltet.

Ein bundesweites Naturgefahrenportal nach dem Vorbild Österreichs existiert aber nach wie vor nicht. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft stellt zwar eine Variante von ZÜRS frei im Internet zur Verfügung. Die dortigen Informationen sind aber letztlich Teil eines Marketing-Konzepts und nicht geeignet für eine rein objektive Gefahreneinschätzung. Auch fehlen neutrale Informationen über möglicherweise sinnvolle bzw. erforderliche bauliche Maßnahmen. Baden-Württemberg stellt interaktive Hochwassergefahren- und -risikokarten im sogenannten UDO-System bereit. Die Lücken dieses „Flickenteppichs“ müssen dringend und zeitnah durch ein das gesamte Bundesgebiet abdeckendes, nichtkommerzielles und leicht zugängliches Hochwasserfrühwarn und -informationssystem geschlossen werden.

Fazit

Die Vorgaben des BRPH werden das Bauen verteuern und möglicherweise auch vorhandenes Bauland verknappen. Umso wichtiger wird es sein, diese Folgen durch eine bessere Ausstattung der Baubehörden, Förderprogramme für betroffene Eigentümer und gutes Informationsmanagement mit dem Fokus auf sinnvoller Prävention so gut wie möglich abzumildern, damit Wohneigentumsbildung und -erhalt auch in hochwassergefährdeten Regionen realisierbar bleibt.

H&G Finder Teaser

Finden Sie Ihren Haus & Grund-Verein vor Ort

Sie suchen Rat zu Fragen rund um Ihre Immobilie? Wir sind für Sie da – ganz in Ihrer Nähe. Über 900 Haus & Grund-Vereine bundesweit sind seit über 130 Jahren für Eigentümer da und setzen sich engagiert, kompetent und individuell für das private Eigentum ihrer Mitglieder ein.