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Kein Kostenersatz für Wohnungseigentümer, die eigenmächtig Gemeinschaftseigentum instandsetzen

BGH: Dies gilt auch, wenn der Wohnungseigentümer versehentlich glaubt, hierzu als Sondereigentümer verpflichtet zu sein

Der Fall:
In der Teilungserklärung einer WEG heißt es u. a.:
"Jeder Wohnungseigentümer ist zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung seiner Wohnung sowie der dem Sondereigentum zugeordneten Sondernutzungsbereiche und der darin befindlichen Anlagen und Ausstattung, auch soweit sich diese im gemeinschaftlichen Eigentum befinden und unbeschadet eines eventuellen Mitbenutzungsrechts der anderen Wohnungseigentümer bzw. Bewohner verpflichtet. (…) Er hat hierfür die Kosten einschließlich etwaiger Betriebskosten zu tragen. Die Verpflichtung umfasst insbesondere: (…) b) die Fenster einschließlich der Rahmen, der Verglasung und der Beschläge, jedoch aus-schließlich des Farbanstrichs der Außenseite der Fenster und Wohnungsabschlusstüren."
Im Vertrauen darauf, ließ ein Wohnungseigentümer im Jahr 2005 im Bereich seines Sondereigentums die einfach verglasten Holzfenster aus dem Jahr 1972 für 5.524,78 € durch Kunststofffenster mit Dreifachisolierglas ersetzen. Bereits zuvor hatten viele Wohnungseigentümer ihre Wohnungen mit modernen Kunststofffenstern ausgestattet. Die Wohnungseigentümer gingen bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. März 2012 (V ZR 174/11) zu einer vergleichbaren Regelung in einer Teilungserklärung übereinstimmend davon aus, dass auch eine notwendige Erneuerung der Fenster Sache der jeweiligen Sondereigentümer sei.
Nunmehr begehrt der Wohnungseigentümer Wertersatz in Höhe von 5.500,- €, da zwischenzeitlich klar geworden sei, dass die Regelung in der Teilungserklärung unwirksam sei (Fenster stehen nach § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum) und er die Instandsetzungsaufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft übernommen habe.

Das Problem:
Umstritten war bisher, ob ein Wohnungseigentümer Kostenerstattung von der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen kann, wenn er - ggf. auch irrtümlich und im guten Glauben auf die Wirksamkeit einer entsprechenden Regelung in der Teilungserklärung - Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt. Ein solcher Erstattungsanspruch könnte aus allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 687 Abs. 1 BGB) oder des Bereicherungsrechts (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) folgen.

Das Urteil:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass diese Vorschriften als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch selbst dann nicht herangezogen werden können, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme auch von der Gemeinschaft hätte vorgenommen werden müssen. Bereits in einer früheren Entscheidung hatte der BGH geurteilt, dass dem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, grundsätzlich kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zustehe (vgl. Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14). Nach dem aktuellen Urteil, mit dem der BGH seine frühere Rechtsprechung nun endgültig aufgibt, schließe der Vorrang des § 21 Abs. 4 WEG einen Ausgleich des Wohnungseigentümers für eigenmächtige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum nach allgemeinen Vorschriften auch dann aus, wenn diese zwingend auch von der Gemeinschaft hätten vorgenommen werden mussten.
Selbst wenn der vorliegende Fall besonders gelagert sei, weil der den Kostenersatz begehrende Wohnungseigentümer und schon zuvor andere Wohnungseigentümer aufgrund einer fehlerhaften Auslegung der Teilungserklärung davon ausgegangen waren, die Erneuerung der Fenster sei Aufgabe der jeweiligen Sondereigentümer, sei, ändere dies nichts an der rechtlichen Beurteilung. Ein Ausgleich nach den allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts liefe den schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer zuwider.

Das sagt Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg dazu:
Mit diesem Urteil herrscht nun Rechtsklarheit für alle Beteiligten, auch wenn es für die im guten Glauben handelnden Wohnungseigentümer - die ja in aller Regel keine Juristen sind und auf die Wirksamkeit einer Teilungserklärung vertrauen - im Ergebnis sicherlich ärgerlich ist. Ein Grund mehr, sich vor der Beauftragung entsprechender kostenträchtiger Instandsetzungsarbeiten durch die Fachjuristen von Haus & Grund beraten zu lassen!

BGH, Urteil vom 14.6.2019, AZ: V ZR 254/17

Amtlicher Leitsatz:
"a) Dem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, steht kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zu. Das gilt auch dann, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohne-hin hätte vorgenommen werden müssen (insoweit Aufgabe von Senat, Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 12 f.).
b) Auch wenn der Wohnungseigentümer eine Maßnahme zur Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums in der irrigen Annahme durchführt, er habe diese als Sondereigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen (hier: Fenstererneuerung), besteht ein solcher Anspruch nicht."

 

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