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BGH: Zum Vorkaufsrecht des Mieters bei Wohnungs- und Teileigentum

Urteil v. 21. Mai 2025 - Az.: VIII ZR 201/23

Da bei dem Verkauf einer Wohnung immer die Gefahr für den Mieter besteht, dass der neue Mieter Eigenbedarf anmeldet, billigt der Gesetzgeber dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu. Nach der Entscheidung des BGB ist hierfür nicht entscheidend, ob im Kaufvertrag die Wohnung als Teil- oder Sondereigentum bezeichnet wird.

Nach fast zehn Jahren in seiner Mietwohnung wurde das Mehrparteienhaus, in dem der Mieter lebte, in einzelne Einheiten aufgeteilt und zum Verkauf angeboten. Der Vermieter begründete dabei jedoch kein klassisches Sondereigentum an der Wohnung des Mieters, sondern wählte die Form des Teileigentums. In der Teilungserklärung war vorgesehen, dass die Eigentümer das Recht haben, das Teileigentum später in Wohnungseigentum umzuwandeln. Anschließend verkaufte der Vermieter insgesamt acht Einheiten – darunter auch die Wohnung des Mieters für rund 504.000 Euro – an eine Firma. Diese informierte den Mieter über sein gesetzliches Vorkaufsrecht und setzte ihm eine zweimonatige Frist, um dieses auszuüben. Ein halbes Jahr später bot der Verkäufer dem Mieter erneut an, in den Kaufvertrag einzutreten, obwohl die neue Eigentümerin bereits im Grundbuch stand. Erst rund 18 Monate nach dem ursprünglichen Verkauf machte der Mieter sein Vorkaufsrecht geltend. Die Erwerberin zeigte daran jedoch kein Interesse mehr und veräußerte die Wohnung für 560.000 Euro weiter.

Vor dem Landgericht Stuttgart forderte der Mieter vom früheren Eigentümer Schadensersatz in Höhe von etwa 200.000 Euro. Er argumentierte, der Vermieter habe ihn durch die Wahl des Teileigentums gezielt daran gehindert, sein Vorkaufsrecht auszuüben.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das gesetzliche Vorkaufsrecht nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht nur bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum, sondern auch bei der Begründung von Teileigentum Anwendung findet. Obwohl der Gesetzestext ausschließlich auf Wohnungseigentum Bezug nimmt, ist das Vorkaufsrecht auch dann zu gewähren, wenn vermietete Räume, die tatsächlich als Wohnung genutzt werden, formal als Teileigentum verkauft werden. Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung als Wohnraum zum Zeitpunkt des Verkaufs, nicht die formale Eintragung im Grundbuch.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des Mietervorkaufsrechts eine Konstellation wie die Umwandlung in Teileigentum schlicht nicht bedacht hat. Eine bewusste Entscheidung, Mieter in solchen Fällen vom Schutz auszunehmen, lag nicht vor. Die Interessenlage ist in beiden Fällen vergleichbar: Mieter laufen Gefahr, nach einem Verkauf durch Eigenbedarfskündigung verdrängt zu werden. Deshalb ist das Vorkaufsrecht auch bei Teileigentum zum Schutz der Mieter analog anzuwenden.

Das Vorkaufsrecht kann der Mieter nur innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist von zwei Monaten ab Zugang der vollständigen Kaufvertragsunterlagen ausüben. Diese Frist ist zwingend und kann nicht verlängert oder durch spätere Absprachen wieder aufleben. Versäumt der Mieter diese Frist, erlischt das Vorkaufsrecht endgültig und unwiderruflich – spätere Erklärungen oder Angebote des Verkäufers ändern daran nichts.

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