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Berlin

Wohngeldstärkungsgesetz

Berlin, Februar 2019

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wohngeldes (Wohngeldstärkungsgesetz – WoGStärkG)

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Einleitung

Haus & Grund Deutschland begrüßt die Reform des Wohngeldes durch den vorgelegten Entwurf des Wohngeldstärkungsgesetzes. Das Wohngeld als staatlicher Miet- oder Lastenzuschuss für Mieter bzw. selbstnutzende Eigentümer hilft, die Wohnkostenbelastung der Haushalte auf ein durchschnittliches Maß zu senken. Durch die Reform soll das Wohngeld an die jeweiligen allgemeinen und individuellen Lebensbedingungen angepasst und zielgenau einkommensschwache Haushalte deutschlandweit unterstützt werden. Damit setzt die Bundesregierung ein wichtiges Ziel des Koalitionsvertrags um.

Durch die Reform soll das Wohngeld insgesamt erhöht, die Mietenstufen neu festgelegt und ergänzt sowie die Höchstbeträge für Miete und Belastung regional gestaffelt angehoben werden. Damit wird der Entwicklung begegnet, dass die Mieten in angespannten Wohnungsmärkten überdurchschnittlich stark steigen und zuletzt eine zunehmende Mietenspreizung in den Regionen zu beobachten war. Allerdings lässt sich bezweifeln, dass die optimistische Prognose des BMI zum Anstieg der Empfängerhaushalte tatsächlich auch eintritt.

Leider wird das Wohngeld mit dem Gesetzentwurf jedoch nicht dauerhaft und automatisch dynamisiert. Es wird lediglich die Grundlage für eine regelmäßige Überprüfung des Wohngeldes geschaffen. Das sozialpolitische Problem des sogenannten „Drehtüreffekts“ wird so nicht effektiv bekämpft.

Wohngeldanpassung

Die im Entwurf ausgeführten Leistungsverbesserungen stellen die wohnungs- und sozialpolitischen Zielsetzungen des Wohngeldes weitestgehend wieder her. Die Wohngeldanpassung geschieht durch den Gesetzentwurf in vier wesentlichen Teilschritten:

  • Ausweitung der Wohngeldleistungen durch eine Überarbeitung der Wohngeldformel
  • Anhebung der regional gestaffelten Miethöchstbeträge
  • Einführung einer weiteren Mietenstufe
  • neue Festlegung der Mietstufen

Haus & Grund Deutschland begrüßt, dass damit die Höchstbeträge bzw. die Belastungen bei selbstnutzenden Eigentümern bei der Wohngeldberechnung angehoben werden und damit regional differenziert auf die Entwicklung der Mieten und Verbraucherpreise reagiert wird. Allerdings bestehen Zweifel, ob die optimistische Prognose im Gesetzentwurf zur Entwicklung der Anzahl der Wohngeldhaushalte tatsächlich auch eintritt.

Schon bei der Wohngeldreform 2016 wurden die Prognosen nicht erreicht. Es bleibt zu befürchten, dass mit der aktuellen Reform das Reformniveau von 2016 nicht wieder erreicht wird.

Für die Berechnung des Wohngeldes sind die Mietstufen elementar, da sie sich am lokalen Mietenniveau der Städte und Gemeinden orientieren, bei denen die Kosten für Wohnraum erheblich voneinander abweichen können. Die Bestimmung der Mietstufen auf Basis der Statistik der Wohngeldanträge gibt das lokale Mietpreisgefüge aber nur ungenügend wieder. Haus & Grund fordert eine Bestimmung der Mietstufen anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete einer Stadt oder Gemeinde.

Haus & Grund Deutschland begrüßt die automatische Anpassung alter, aber noch gültiger Wohngeldbescheide nach Inkrafttreten der Wohngeldreform, sodass auch Wohngeldempfänger mit alten Bescheiden ohne Mehraufwand von den Neuregelungen profitieren können.

Dynamisierung des Wohngeldes

Eine wirkliche Dynamisierung des Wohngeldes bleibt in dem vorliegenden Gesetzentwurf leider aus. Die durch Änderung des § 39 Wohngeldgesetz vorgesehene regelmäßige Überprüfung des Anpassungsbedarfs des Wohngeldes kann eine automatische Anpassung an die Mieten- und Einkommensentwicklung nicht ersetzen.

In jedem Jahr mit unverändertem Wohngeld wächst die Wohnkostenbelastung und die Reichweite des Wohngeldes sinkt. Eine Analyse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zur Entwicklung der Empfängerzahlen nach der Wohngeldreform 2009 zeigt deutlich, dass das Wohngeld rasch wieder an Reichweite verliert und die Empfängerzahlen sinken – bis zur nächsten Wohngeldreform. Vor allem ältere Menschen und Familien mit Kindern als Wohngeldempfänger müssen so alljährlich auf die politische Bereitschaft für eine zeitnahe Anpassung hoffen, anstatt mit einer regelmäßigen Anpassung planen zu können.

Der Drehtüreffekt, also der regelmäßige Wechsel zwischen Anspruch auf Wohngeld und der Grundsicherung, belastet die betroffenen privaten Haushalte und die Verwaltung. Er stellt ein großes Problem der deutschen Sozialpolitik dar. Durch die jährliche Anhebung der Regelsätze wechseln in jedem Jahr Haushalte in die Grundsicherung und werden dann erst wieder durch eine Reform zurückgeholt. Der gleiche Effekt ergibt sich durch steigende Preise und Einkommen. Deswegen ist eine regelmäßige und automatische Anpassung des Wohngeldes notwendig. Die zurückliegenden Wohngeldreformen kamen in unregelmäßigen und zu langen Zeitabständen (zuletzt 1990, 2001, 2009 und 2016).

Haus & Grund Deutschland fordert, dass das Wohngeld regelmäßig und automatisch an einen gesetzlich fixierten Index gekoppelt wird sowie dass die Mietstufen entlang der ortsüblichen Vergleichsmiete dynamisiert werden. Wie auch die Kosten der Unterkunft nach SGB II sollte auch das Wohngeld an die jährliche Preis- und Lohnentwicklung angepasst werden.

Fazit

Das Wohngeld ist ein wichtiger Bestandteil im Gesamtsystem der wohnungspolitischen Instrumente. Es leistet einen Beitrag für bezahlbares Wohnen in Deutschland. Die angesichts der Wohnungsmarktsituation dringend gebotene Reform ist ein wichtiger Schritt, um das Leistungsniveau zu stärken und die Reichweite des Wohngeldes zu erhöhen. Leider verpasst der Entwurf eine seit längerem diskutierte Dynamisierung des Wohngeldes. Somit bleibt es bei einer Aktualisierung – die Weiterentwicklung des Wohngeldes bleibt aus.