Direkt zum Inhalt

BGH: Fällungskosten eines morschen Baumes sind als Betriebskosten umlegbar

Urteil vom 10.November 2021 - AZ VIII ZR 107/20
 

Die Beklagte in diesem Verfahren ließ 2015 einen morschen und daher nicht mehr standfesten Baum fällen. Die hierfür entstandenen Kosten legte sie im Wege der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter um. Die Klägerin leistete die sich daraus ergebende Nachzahlung unter Vorbehalt und verlangt diese anschließend klageweise zurück. In den Vorinstanzen blieb die Klage erfolglos.

Das Berufungsgericht wies die Klage mit der Argumentation ab, dass es sich bei den Baumfällungskosten um umlagefähige Kosten im Sinne der Betriebskostenverordnung handele. Nach Meinung des Berufungsgerichts umfasse § 2 Nr. 10 BetrKV auch das Fällen eines Baumes, insbesondere wenn dieser morsch und daher nicht standfest war.

Der BGH gab dieser Argumentation Recht. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass die Umlagefähigkeit von Baumfällungskosten umstritten sei. Teilweise werden diese als nicht umlagefähig angesehen, da es sich einerseits nicht um laufende Kosten handele und der Vermieter andererseits mit der Fällung lediglich seine Verkehrssicherungspflicht erfülle. Eine andere Meinung vertritt die Ansicht, dass diese Kosten zur ordnungsgemäßen Gartenpflege gehören. Der letztgenannten Meinung gaben die Bundesrichter den Vorzug.

Die Umlagefähigkeit ergebe sich bereits aus dem Wortlaut, da es sich bei Bäumen um Pflanzen bzw. Gehölze im Sinne der Betriebskostenverordnung handele. Auch dass in der Norm lediglich die Erneuerung, nicht aber die Entfernung von Pflanzen und Gehölzen genannt ist, sei unschädlich. Einerseits gehöre das Entfernen bereits zum Oberbegriff der Gartenpflege. Andererseits setze eine Erneuerung auch immer eine Entfernung voraus.

Bei der Fällung eines Baumes handele es sich auch nicht um Instandhaltungsarbeiten, deren Kosten nicht umlagefähig wären. „Die bloße Tatsache, dass ein Baum morsch oder eine Pflanze abgestorben ist, erfüllt grundsätzlich in Anbetracht des Umstands, dass ein Garten aus einer Vielzahl von Pflanzen besteht und eine konkrete Zusammensetzung an Pflanzen regelmäßig nicht geschuldet ist, nicht aus sich heraus die Tatbestandsvoraussetzungen eines Mangels.“ Darüber hinaus sie die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten als rein haftungsrechtlicher Gesichtspunkt kein maßgebendes Kriterium zur Abgrenzung von Instandhaltungs- und Betriebskosten. Auch Kosten für solche Maßnahmen, die zudem der Wahrnehmung dieser Pflichten dienen, können als Betriebskosten umlagefähig sein.

Außerdem stehe das Erfordernis der „laufenden“ Kosten der Umlagefähigkeit nicht im Wege. Da es sich bei Pflanzen um Lebewesen handele, sei der Erneuerungsbedarf in zeitlicher Hinsicht regelmäßig nicht im gleichen Maße absehbar, wie es beispielsweise bei technischen Geräten der Fall ist. „Damit sind der Entstehung von ‚Kosten der Gartenpflege‘ längere, nicht sicher vorherbestimmbare Zeitintervalle immanent.“ Allerdings folge daraus nicht, dass die Entstehung dieser Kosten für Mieter ein unerwartetes Ereignis darstellen würden und es daher nicht gerechtfertigt wäre, Mieter mit diesen meist hohen Kosten zu belasten. Vielmehr sei „der Anfall von Kosten einer Baumfällung […] für den Mieter, der die mit Bäumen versehene Gartenanlage nutzen und damit vom entsprechenden Wohnwert profitieren kann, bei vernünftiger Betrachtung durchaus vorhersehbar." Außerdem schütze das Betriebskostenrecht Mieter nicht pauschal vor hohen Kosten. So sei auch ein sprunghafter Anstieg einzelner Betriebskosten kein Grund um die Kostentragungspflicht der Mieter auszuschließen.

Auch aus der Geschichte der Norm ergebe sich keine andere Einschätzung. Vielmehr zeige die Gesetzesbegründung und die Aufzählung der „Erneuerung“ von Pflanzen, „dass der Verordnungsgeber die Besonderheiten vor Augen hatte, die sich daraus ergeben, dass eine Gartenanlage für ihren Erhalt mehr benötigt als die regelmäßige Pflege im Sinne eines Erhalts einzelner Pflanzen.“