BVerwG: Zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Kommune
Urteil vom 09.11.2021 - Az. 4 C 1.20
In diesem Fall hatte eine Immobiliengesellschaft ein Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus in Berlin erworben, welches im Geltungsbereich einer sogenannten Milieuschutzsatzung liegt. Zugunsten einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft übte das zuständige Bezirksamt das Vorkaufsrecht aus. Die Behörde wollte damit der Gefahr begegnen, dass ein Teil der Wohnbevölkerung aus dem Gebiet verdrängt wird, wenn im Anschluss an die Veräußerung die Wohnungen luxussaniert und die Mieten erhöht werden oder die Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.
Die Immobiliengesellschaft klagte dagegen, hatte aber in den Vorinstanzen keinen Erfolg. So urteilte das Oberverwaltungsgericht, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertige. Würde es nicht ausgeübt, stünden die vom Bezirksamt geltend gemachten „erhaltungswidrigen Entwicklungen“ zu befürchten.
Das Bundesverwaltungsgericht lehnte diese Meinung ab. Demnach sei das Vorkaufsrecht vorliegend nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ausgeschlossen, da das Grundstück entsprechend den Zielen oder Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen bebaut ist und genutzt wird und die dort errichtete Anlage keine Missstände oder Mängel im Sinne von § 177 Abs. 2 und 3 S. 1 BauGB aufweist. Die Verwaltungsrichter stellten fest, dass diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vorliegen müssen. Die Prüfung zukünftig zu erwartenden Änderungen scheide daher vorliegend aus. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des BauGB die entsprechende alte Rechtslage nach dem BBauG unverändert übernehmen wollte und ihm lediglich die Formulierung „misslungen“ sei. Außerdem verbiete sich eine Auslegung des § 24 BauGB, dass die Vorschrift auf Vorkaufsrecht für Grundstücke im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen keine Anwendung findet.
- 29.11.2021 -