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BGH: Anspruchsdurchsetzung in Zweiergemeinschaft

Urteil v. 02.02.2024 - Az.: V ZR 6/23

In einer Verwaltungsgemeinschaft von zwei Parteien können Ansprüche auf Unterlassung oder Beseitigung, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, ausschließlich von der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden und nicht durch die actio pro socio von einem einzelnen Wohnungseigentümer. Die actio pro socio (lat. Klage für die Gesellschaft) ist ein gesellschaftsrechtlicher Begriff unter welchem Klagen eines Gesellschafters für die Gesellschaft zu verstehen sind.

Die Parteien sind Mitglied einer Zweiergemeinschaft von Wohnungseigentümer, für die kein Verwalter bisher bestellt war. Im Erdgeschoss der Immobilie stehen Gewerberäume seit einigen Jahren leer. Die Kläger erhoben Klage gegen die Absicht der Beklagten, die Gewerberäume in eine Wohnnutzung zu ändern. Die Unterlassungsklage wurde in erster Instanz durch das Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, allerdings die Revision zugelassen.

Nach Ansicht des Berufungsgerichtes fehlt den Klägern die Prozessführungsbefugnis. Eine materielle Prüfung, ob die beabsichtigte Wohnnutzung weniger störe als die gewerbliche, erfolgte daher nicht. Das Landgericht argumentierte, dass nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes die GdWE das Unterlassen geltend machen muss. Der Unterlassungsanspruch kann auch nicht durch die Kläger für die GdWE geltend gemacht werden. Am 9. Februar 2024 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Revision keinen Erfolg hat. Die Kläger können, wie auch das Berufungsgerichts feststellte, weder den Anspruch auf Einhaltung des Binnenrechts nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG noch den auf das gleiche Ziel gerichteten Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend machen. Besonders betont wurde, dass einzelne Wohnungseigentümer nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) nicht mehr von einem anderen Wohnungseigentümer die Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums verlangen können. Vielmehr besteht gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Pflicht der Wohnungseigentümer, das in der Gemeinschaft geltende Regelwerk einzuhalten. Obwohl der Anspruch aus § 1004 BGB einem einzelnen Eigentümer zusteht und nicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), kann der Eigentümer diesen Anspruch nicht geltend machen. Gemäß § 9a Abs. 2 WEG ist nur die GdWE prozessführungsbefugt. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die GdWE allein für die Abwehr von Verletzungen des Binnenrechts zuständig und daher prozessführungsbefugt ist.

Der Revisionsführer widerspricht dem zwar nicht zu, argumentiert jedoch, dass bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung in einer - wie hier - verwalterlosen Zweiergemeinschaft die Grundsätze der actio pro socio anzuwenden seien. Dies trifft nach Ansicht des BGH jedoch nicht zu. Auch in einer verwalterlosen Zweiergemeinschaft können Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche, die sich auf Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums beziehen, nur von der GdWE und nicht im Wege der actio pro socio von einem einzelnen Wohnungseigentümer geltend gemacht werden.